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Update

Sandwolke auf der A 19: 34-jähriger Berliner stirbt bei Massenkarambolage

Acht Menschen starben, mehr als 130 wurden verletzt. Der Unfall auf der A 19 bei Rostock am Freitag war der schwerste in Deutschland seit 20 Jahren. Eines der Todesopfer stammt aus Berlin.

Nach der Massenkarambolage auf der Autobahn A 19 zwischen Rostock und Güstrow sind alle Todesopfer identifiziert. Die Opfer stammen aus Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Berlin, wie ein Polizeisprecher am Sonntag sagte. Sie sind zwischen 34 und 75 Jahren alt.

Das Todesopfer aus Berlin war ein 34 Jahre alter Mann. Vier der Toten kamen aus Mecklenburg-Vorpommern: ein Ehepaar von 68 und 75 Jahren aus dem Landkreis Bad Doberan sowie zwei 45 und 69 Jahre alten Männer aus dem Landkreis Güstrow. Aus dem brandenburgischen Landkreis Ostprignitz/Ruppiner Land stammten ein 60 Jahre alter Mann und eine 45 Jahre alte Frau. Aus Sachsen-Anhalt stammt eine 69 Jahre alte Frau, sie wohnte im Landkreis Bitterfeld/Wolfen.

Zum Zustand der Schwerverletzten konnte die Polizei keine weiteren Angaben machen. Nach dem Unfall am Freitag Mittag waren 41 Personen ins Krankenhaus eingeliefert worden, einige auch mit schweren Brandverletzungen in Spezialkliniken.

An dem schwersten Unfall in der Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns waren mehr als 80 Pkw und Lkw mit insgesamt rund 110 Insassen beteiligt. Ein schwerer Sturm hatte Sand von angrenzenden Feldern auf die Autobahn geweht, der den Fahrern plötzlich die Sicht nahm. Drei Dutzend Fahrzeuge brannten aus, für acht Insassen kam jede Hilfe zu spät.

Langsam tritt nun die Suche nach den Ursachen in den Vordergrund. Die Staatsanwaltschaft Rostock hat Ermittlungen aufgenommen: „Es besteht der Verdacht der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung“, sagte Staatsanwältin Maureen Wiechmann am Samstag. Experten der Prüforganisation Dekra sollen klären, „ob Autofahrer angesichts der Sandwand zu schnell oder zu unvorsichtig gefahren sind“. Noch am Freitag waren fünf Fahrzeuge an der Unfallstelle bei Kavelstorf beschlagnahmt worden. Am Samstag waren die Unfallautos bis auf einen Lastwagen von der Autobahn 19 geräumt und die Fahrbahn Richtung Berlin wieder freigegeben worden. Die Gegenfahrbahn sollte am Sonntagnachmittag folgen.

In einer Sandwolke, die den Fahrern die Sicht nahm, waren 80 Fahrzeuge ineinandergerast. Knapp 30 gingen in Flammen auf. Ein seit dem Morgen tobender Frühlingssturm hatte Sand und Staub von angrenzenden Feldern aufgewirbelt und auf die Fahrbahn geweht. Die Polizei berichtete von Sichtweiten unter zehn Metern zum Unfallzeitpunkt um kurz nach 12.30 Uhr am Freitagmittag.

Das Flammeninferno ging nach Angaben der Feuerwehr von nur einem Auto aus. „Das war ein Auto, das stand mittendrin und brannte“, sagte der Einsatzleiter der Feuerwehr, Hannes Möller. Durch den starken Wind und die eng zusammenstehenden Autos habe sich das Feuer schnell auf benachbarte Wagen ausdehnen können. Auch ein Gefahrguttransporter sei so entzündet worden.

Insgesamt hatte es etwa 130 Verletzte gegeben. 20 Schwerverletzte wurden am Samstag in Krankenhäusern behandelt, ein Mann schwebte noch in Lebensgefahr. Kinder sind demnach nicht unter den Opfern. An der Unfallstelle gab es kein Tempolimit.

Landesverkehrsminister Volker Schlotmann (SPD) verlangte eine Debatte über Geschwindigkeitsbegrenzungen. „Man kann nicht jeden Unfall durch Verkehrsregeln verhindern. Wir müssen aber darüber reden, ob und wie Tempolimits zu mehr Sicherheit beitragen können“, erklärte er.

Der BUND gab der Agrarindustrie eine Mitschuld am Entstehen des Sandsturms. „Durch die jahrelange Vernachlässigung der Bodenstruktur haben die Böden immer weniger Humusgehalt“, sagte der BUND-Agrarexperte Burkhard Roloff. Die obere Krume des Bodens trockne aus, und je geringer der Humusgehalt sei, desto einfacheres Spiel habe der Wind. Zudem fehlten Hecken, die den Wind bremsen könnten.

Mecklenburg-Vorpommerns Bauernpräsident Rainer Tietböhl bezeichnete diese Darstellung als Unsinn und verwies auf die anhaltende Trockenheit. Dafür könne kein Landwirt etwas. Autobahnmeisterei und Meteorologen sprachen von einer „unglücklichen Verkettung von Zufällen“. Zur Unfallzeit habe es Windgeschwindigkeiten bis knapp 90 Stundenkilometer gegeben.

Die Aufräumarbeiten wurden am Samstag mit Hochdruck vorangetrieben. Arbeiter gossen neuen Asphalt auf die A19. Die Fahrbahn war in der Hitze der brennenden Autos auf 70 Meter Länge schwer beschädigt worden. Insgesamt waren 300 Retter im Einsatz. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) dankte ihnen für ihren „unheimlich schweren Einsatz“. (dpa/dapd)

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