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Amok Sankt Augustin

© dpa

Sankt Augustin: 16-Jährige will ihre Schule anzünden

Eine maskierte Schülerin hat, mit Messern und Benzinflaschen bewaffnet, in einem Gymnasium in Sankt Augustin Amokalarm ausgelöst. Sie verletzte eine Mitschülerin und floh dann vom Schulgelände.

Gewalt dieser Art, das kannte man bisher nur von jungen männlichen Tätern. Diesmal ist es ganz offensichtlich eine 16-jährige Schülerin, die Unheil über ihre Schule bringen will. Maskiert und mit mehreren Messern bewaffnet, dringt sie in das Gebäude des Albert-Einstein-Gymnasiums in Sankt Augustin bei Bonn ein. Dort will sie mit einem Brandbeschleuniger die ganze Schule anzünden. Ihr Rucksack ist voll mit Benzinflaschen, einer Gaspistole und mehreren Messern. Der maskierte Teenager zieht sich zunächst auf eine Toilette im Schulgebäude zurück. Dort merkt eine andere Schülerin etwas von den Plänen des Mädchens. Als sie sie deshalb zur Rede stellt und sie an ihrem Vorhaben hindern will, kommt es zum Kampf. Der intervenierenden Schülerin wird der Daumen abgetrennt. Sie rennt ins Sekretariat, die Schule gibt Amokalarm.

Gegen 9 Uhr wird der Unterricht in den Klassenräumen plötzlich von einer Durchsage unterbrochen: „Alle Klassen abschließen und dann sofort auf den Boden legen!“ Da liegen die Schüler und warten ab, was geschehen würde. „Und wir mussten ziemlich lange warten“, erzählt Tobias aus der 6. Klasse. „Ich habe zuerst gedacht, das ist eine Übung.“ Die Lehrer seien sehr aufgeregt gewesen, berichtet der 16-jährige Samuel Weiss. „Dann kam das Sondereinsatzkommando und hat uns rausgeholt.“ Alle Schüler werden in die Turnhalle gebracht. Sabrina hat nun alles hinter sich – die 14-Jährige wird von ihrer Mutter abgeholt. „Wir saßen in der Turnhalle und haben die ganze Zeit Radio gehört“, erzählt sie. „Die wussten mehr als wir.“ Viele Kinder und Jugendliche wollen sich vor den wartenden Reportern nicht äußern. Ihre Eltern nehmen sie in den Arm und bringen sie zum Auto – manche haben Tränen in den Augen.

Zu diesem Zeitpunkt ist noch nicht klar, ob die Täterin noch in der Schule ist. Raum für Raum wird durchkämmt. Bis zum Abend wird die Täterin nicht gefunden. Beamte eines Sonderkommandos gehen in Stellung, die Schule wird evakuiert. Ein Hubschrauber kreist über dem Gymnasium, überall stehen Kranken- und Polizeiwagen, die Beamten des Sonderkommandos wirken unheimlich.

Dringend verdächtig ist eine 16-jährige Schülerin des Gymnasiums, bei der es sich nach den Angaben der Polizei um eine Schülerin aus Sankt Augustin handele. Sie hat ihre Schule schon in der vergangenen Woche bedroht. Das berichtete die nordrhein-westfälische Schulministerin Barbara Sommer (CDU) am Montag in Düsseldorf. Deshalb sei die 16-Jährige eigentlich für diesen Montag zu einer „Gefährdungsansprache“ mit dem Schulpsychologen einbestellt gewesen.

Wie Sommer berichtete, wurde die bei dem Kampf verletzte Schülerin in der Kölner Uniklinik behandelt. Die Ärzte bemühten sich, den abgetrennten Daumen zu retten, sagte Sommer.

Womit die 16-Jährige der Schule konkret gedroht hatte, konnte die Ministerin nicht sagen. Sommer äußerte sich „sehr bestürzt“ über den Fall, der sich nur zwei Monate nach dem Amoklauf von Winnenden ereignete. Anders als in Winnenden soll sich die Tat in Sankt Augustin außerhalb des Klassenraums ereignet haben.

An diesem Dienstag sind in den zehnten Klassen in NRW die zentralen Abschlussprüfungen angesetzt. Sommer sagte, Schüler des Albert-Einstein-Gymnasiums könnten über die Teilnahme selbst entscheiden. Wer nicht kommen wolle, erhalte einen Nachschreibetermin. Die Ministerin kündigte an, das Gymnasium am Dienstag zu besuchen, um mit Lehrern, Eltern und Schülern zu sprechen. mit dpa

Michael Lehnberg[Sankt Augustin]

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