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Panorama: Schach Matt?: Liebeserklärung ans 19. Jahrhundert - Sorgen um die Zukunft des Brettspiels

Als Viswanathan Anand seine Extraklasse im Schnellschach unter Beweis gestellt und das Giants-Turnier beim "Frankfurter Chess Classic" gewonnen hatte, bekam er symbolisch ein schwarzes Jackett übergestreift. Nun darf er fortan immer wieder kommen, und er wird es gerne tun.

Als Viswanathan Anand seine Extraklasse im Schnellschach unter Beweis gestellt und das Giants-Turnier beim "Frankfurter Chess Classic" gewonnen hatte, bekam er symbolisch ein schwarzes Jackett übergestreift. Nun darf er fortan immer wieder kommen, und er wird es gerne tun. "Es war eine großartige Atmosphäre hier, der Event hat einen speziellen Touch", lobte der 30 Jahre alte Inder nach seinem souveränen Sieg bei dieser inoffiziellen Schnellschach-WM. Anand gewann fünf Partien, remisierte ebenso oft und blieb als einziger der sechs Teilnehmer unbesiegt; Vorjahressieger Garry Kasparow wurde mit 1,5 Punkten Rückstand Zweiter. Anand spielte in Hochform, Kasparow kränkelte stets ein wenig - ernsthafte Rückschlüsse auf die sportlichen Leistungen sind ohnedies nur eingeschränkt möglich.

Immerhin, das Format "Schnellschach" hielt, was es versprach - es wurde gekämpft, gezaubert, aber auch gepatzt. Kurz: Es war erwartungsgemäß kein "sauberes" Schach, aber es war höchst unterhaltsam. Die zehn weltbesten Spieler komplett an die Schachbretter zu bekommen, darf als historische Leistung der Veranstalter gewertet werden. Doch warum gelingt Vergleichbares dem Weltschachbund Fide nicht? Zur Erinnerung: Bei der Fide-WM 1999 fehlten neben Kasparow und Anand auch Wladimir Kramnik und Alexander Morosewitsch. Dieser bereicherte übrigens die kleine Kaste der Schachgenies mit originellem, phantasievollem Spiel, gleichwohl Morosewitsch am Ende Letzter wurde, punktgleich mit dem ebenfalls 20-jährigen Peter Leko. Für Großmeister Helmut Pfleger sind Morosewitsch und Alexej Shirov "die letzten Romantiker im heutigen Spitzenschach".

Und wirklich erscheint allein das Eröffnungsrepertoire des jungen Russen - ob Königsgambit oder Tschigorin-Verteidigung - wie eine Liebeserklärung an das 19. Jahrhundert. Ein Blick in die Zukunft ist für die Großmeister betrüblicher. Viele meinen, es drohe die Entzauberung des Schachs. Im 21. Jahrhundert werden, daran zweifelt kaum jemand, Schachcomputer endgültig auch die besten Großmeister beherrschen. Dies ist aber auch nach dem "Chess Classic" eine keineswegs gesicherte Erkenntnis: Im Rahmenprogramm trennten sich fünf der sechs "Giants"-Teilnehmer gegen das Spitzenprogramm "Fritz on Primergy" 5:5 unentschieden. Auch hier wurde 25-Minuten-Schach gespielt. In richtigen Turnierpartien sind die Topspieler den Maschinen indes weiterhin überlegen; doch Schachcomputer-Experten glauben, dass dies in sechs bis acht Jahren nicht mehr der Fall sein wird.

Mathias Feist, einer der Fritz-Programmierer, ist nach den Frankfurter Mensch-gegen-Maschine-Partien skeptisch geworden. "Es war deutlich zu sehen, dass die Großmeister erst angefangen haben, spezielle Strategien gegen den Computer zu entwickeln", sagte Feist.

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