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Eine Ärztin kontrolliert die Teilnehmer am Siesta-Wettbewerb in Spanien.

© dpa

Schlafwettbewerb: Spanien sucht den Siesta-Star

Wer ist der beste Siesta-Schläfer im Land? Das wird gerade bei einem außergewöhnlichen Wettbewerb in Madrid ermittelt. Kriterien sind die Schlafdauer, die eleganteste Haltung, das Outfit und die Qualität des Schnarchens.

Bei der ersten nationalen Meisterschaft im Nickerchen-Halten wird derzeit in Madrid der beste Schläfer des Landes ermittelt. Punkte gibt es für die bis zu 360 Teilnehmer in vier Disziplinen: Für die Schlafdauer, die eleganteste Haltung, das witzigste Outfit und das lauteste Schnarchen. „Der Mittagsschlaf gilt als spanischer Volkssport, aber in unserer hektischen Gesellschaft geht dieser gesunde Brauch zunehmend verloren“, beklagt Initiator David Blanco (32), der Vorsitzender des „Vereins der Freunde der Siesta“ ist.

Ausgetragen wird das Wettschlafen im Foyer eines großen Einkaufszentrums. Schon dies verlangt einiges von den Teilnehmern ab, denn sie dürfen sich von dem Trubel der zahllosen Passanten und Schaulustigen nicht aus dem Konzept bringen lassen. Als „Hilfsmittel“ sind zwar Ohrenstöpsel und Schlafmasken erlaubt. Wer sie aber benutzt, bekommt Punkte abgezogen. Auch die bereitgestellten blauen Sofas laden nicht unbedingt zum Nickerchen ein: Sie sind zu schmal und für einige Teilnehmer auch zu kurz.

Hugo kümmert das aber nicht. Kaum hat sich der 20 Jahre alte Student hingelegt, ist er schon eingenickt. Zwei Sofas weiter schläft auch eine Mittvierzigerin tief und fest. „Also ich könnte das nicht, bei all den Menschen“, wundert sich eine Passantin. Andere Teilnehmer warten derweil auf ihren Einsatz. Eine junge Frau hat einen Plüschhasen dabei. „Der hat mir schon beim Einschlafen geholfen, als ich noch ein Kind war“, erzählt sie. Dass alles mit rechten Dingen zugeht, darüber wacht Lila Chuecas.

Die Ärztin versieht die Teilnehmer mit einem Pulsmesser. So weiß sie, ob diese auch wirklich schlafen. „Dann verlangsamt sich nämlich der Herzrhythmus.“ Das Schnarchen wird mit einem Schalldruckgerät gemessen: Je mehr Dezibel der Teilnehmer erreicht, umso höher seine Punktzahl. Von einem Hochsitz aus benotet Juror Eduardo Reolid zudem die Schlafhaltung der jeweils fünf Kontrahenten.

Jede Runde dauert 20 Minuten - das ist die von Ärzten empfohlene Dauer eines Nickerchens. „So vermeidet man, in einen Tiefschlaf zu fallen und dann Schwierigkeiten beim Aufstehen zu haben“, erläutert Chuecas. Wer früher wach wird, dem werden ebenfalls Punkte abgezogen.

Als Sieger der Runde geht Hugo hervor. „Ich war gestern bis spät unterwegs, deshalb fiel es mir wohl leichter, einzuschlafen“, gesteht der Student. Er erhält einen Einkaufsgutschein über 30 Euro und darf auf den Titel des „Siesta-Meisters“ hoffen, der am Ende des Wettbewerbes anhand der Punktzahl aller Teilnehmer ermittelt wird. Es winkt ein Preisgeld von 1000 Euro.

Der Sinn dieser bislang einmaligen Veranstaltung ist es auch, die alte Tradition der Siesta zu retten. Obwohl diese für viele ein urspanisches Kulturgut wie der Flamenco oder der Stierkampf ist, kommen heute nur noch zehn bis 20 Prozent der Spanier dazu, sie in der Woche zu genießen: Die früher übliche, dreistündige Mittagspause gibt es in immer weniger Betrieben, denn die Arbeitszeiten werden den Gepflogenheiten der anderen europäischen Länder angepasst.

Die „iberische Form des Yoga“, wie der Literaturnobelpreisträger Camilo José Cela die Siesta nannte, verschwindet somit allmählich.

Dabei ist es wissenschaftlich erwiesen, dass eine 20-minütige Schlafpause Konzentration und Leistungskraft steigert. „Das Gehirn verlangt regelrecht danach, zweimal am Tag abzuschalten: In der Nacht und zwischen zwei und vier Uhr nachmittags“, erklärte schon vor Jahren der Schlafforscher Eduard Estevill. (dpa)

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