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Panorama: Schöne spricht hässlich

Bardot attackiert Arbeitslose, Schwule und Ausländer

Ach, es hätte so schön werden können, schwärmte der normalerweise nüchterne „Figaro“ auf der Titelseite. Brigitte Bardot, der Mythos des französischen Kinos, hatte den ersten Auftritt im Fernsehen seit sieben Jahren – und Frankreich wenige Stunden später einen neuen Skandal. Weil die Bardot gar nicht daran dachte, Äußerungen aus ihrem soeben erschienenen Buch „Ein Schrei in der Stille“ zurückzunehmen, und weil sie in der fast dreistündigen Sendung dem Moderator aufmüpfig immer wieder das Wort abschnitt und selbstbewußt ihre Beschimpfungen von Schwulen, Obdachlosen, Sozialhilfeempfängern und Ausländern verteidigte, entschlossen sich zwei renommierte antirassistische Vereinigungen, darunter die Liga der Menschenrechte, gegen die attraktive Blondine gerichtlich vorzugehen.

Nun streitet sich die ganze Nation darüber, ob die B.B. die Ausstrahlung der vorher aufgezeichneten Sendung nicht einfach hätte verbieten lassen, oder, schon bei der Aufnahme, die TV-Plattform nicht besser hätte verlassen sollen. Ist Frankreichs Nationalsymbol nun in Ungnade gefallen? Mitnichten, bei einer wie der Bardot nimmt das französische Publikum ohne weiteres auch Entgleisungen hin. Die Schöne präsentierte sich selbstbewußt wie nie, ganz in Schwarz, in hautengen Hosen und tief dekolletiert, das blonde, von grauen Strähnen durchzogene Haar aufreizend hochgesteckt – ganz die Alte, und immer noch schmollmündig.

Mit genau diesen Kusslippen konterte sie schlagfertig auf die Vorwürfe des Moderators, der sich entsetzt über die Fremdenfeindlichkeit ihres Buches äußerte. Er brauche das Buch nicht zu lesen, entgegnete sie. „Ich habe geschrieben, was ich denke und was viele Leute denken, aber sich nicht trauen, es auszusprechen.“ Tosender Beifall. In dem Buch zeichnet Bardot ein dekadentes Bild der französischen Gesellschaft, beschreibt den Durchschnittsfranzosen als „fett, schlaff, schmerbäuchig, vollgefressen und picklig“, attackiert die Frauen in der Regierung als „dumme, hässliche, machtgeile Tussen“, sie bezeichnet Homosexuelle als „abartige Jahrmarkt-Attraktionen“, Lehrer als „ungewaschene, fetthaarige Typen in dreckigen Jeans und schmutzigen Turnschuhen“, Arbeitslose als „faule Ausbeuter“,und bezichtigt Einwanderer der „Vielweiberei unter Mischlingen“. Sie wettert gegen die „Islamisierung“ Frankreichs, macht die Erstattung von Geschlechtsumwandlungen für die Kostenexplosion im Gesundheitswesen verantwortlich und plädiert für die Todesstrafe für Kindermörder.

Das Wiedersehen mit dem Star vor sechs Millionen Fernsehzuschauern wird nun ein gerichtliches Nachspiel haben, dem die Bardot unerschrocken entgegengensieht.

Sabine Heimgärtner[Paris]

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