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Panorama: Schönheit bewegt

In Hannover wurden Deutschlands attraktivste Rollstuhl-Models gekürt

Hannover - Völlig überrascht und mit Tränen in den Augen manövriert Patrick Richter aus Köln seinen Rollstuhl nach vorne an den Bühnenrand. Er trägt einen schicken beigefarbenen Anzug mit passender Weste, und er kann sein Glück kaum fassen: Patrick ist am Montagabend im GOP Varieté in Hannover aus elf Finalisten zu Deutschlands schönstem männlichen Rollstuhlmodel, dem „Mister Beauty in Motion 2006“, gewählt worden. „Ich habe wirklich nicht damit gerechnet“, sagt der 26-Jährige. „Ich hatte einen anderen Favoriten.“ Wie es zu der Entscheidung kam, vermag er sich auch nicht zu erklären. „Vielleicht war es meine Ausstrahlung“, rätselt der Bankkaufmann.

Auch die 23 Jahre alte Carolin Hartmann aus Mainz ist von der Juryentscheidung völlig überwältigt. Sie wurde zur „Miss Beauty in Motion 2006“ gekürt. „Es ist der absolute Wahnsinn“, freut sich die Jurastudentin im leuchtend roten Abendkleid. Als Preise erhalten die Sieger professionelle Fotoaufnahmen und eine professionelle Model-Bewerbungsmappe.

Passend zu seinem Hobby würde Patrick am liebsten für Auto- oder Sportbekleidung modeln. Carolin ist mit ihren Karrierevorstellungen noch etwas zurückhaltender: Sie wolle erst einmal abwarten, was auf sie zukomme, sagt die Studentin.

In den Augen der Jury hat vor allem die Einzigartigkeit der beiden Finalisten den Ausschlag gegeben. „Wir brauchen nicht die absoluten Schönlinge“, sagt Merle Rebentisch, Jurymitglied und Redakteurin der Frauenzeitschrift „Brigitte“. „Entscheidend ist vor allem, wie ihre späteren Chancen auf dem Modemarkt aussehen.“ Die Performance allein sei dabei nicht ausschlaggebend.

So hatten viele der Zuschauer im GOP zunächst die 22 Jahre alte Jelena zu ihrer Favoritin erkoren. Ihre Gesangsperformance und ihr eleganter Rollstuhltanz hatten das Publikum überzeugt. Dass sie nicht gewonnen habe, darüber sei sie nicht traurig, sagt Jelena. Insgesamt sei es eine schöne Show gewesen. Jetzt sei sie vor allem erleichtert, dass die ganze Aufregung vorbei sei.

Die Qual der Wahl hatte schließlich eine sechsköpfige Jury aus Mode- und Schönheitsexperten. Unter ihnen befand sich auch Bruce Darnell, der Laufsteg- Trainer aus der Pro-Sieben-Sendung „Germany’s Next Topmodel“. Für ihn, so Darnell, zeuge es von großem Mut, wenn Menschen so selbstbewusst mit ihrem Schicksal umgingen. Man solle nicht von „Behinderten“ reden, betonte der Schönheitsexperte, denn Rollstuhlfahrer seien wie andere Menschen auch in der Lage, von Liebe zu reden, zu reisen und Sport zu treiben. So seien Hobbys wie Rollstuhlrugby oder Apnoetauchen überhaupt keine Seltenheit unter den Teilnehmern.

In den zwei Entscheidungsrunden in Freizeit- und Abendgarderobe hat Darnell vor lauter Begeisterung sogar Gänsehaut bekommen. „Ich wollte schon weinen, weil ich so glücklich war, das anzuschauen.“ In einstudierten Performances, begleitet von Musik, versuchten die Teilnehmer, die Jury von sich zu überzeugen.

Mit dem Modelwettbewerb solle gezeigt werden, dass auch Menschen im Rollstuhl schön und sexy seien und modeln könnten, erläutert Renate Weidner, die Veranstalterin des Schönheitswettbewerbs und Chefin der Agentur „Beauties in Motion“. Auch Patrick will mit seiner Teilnahme den Menschen „die Scheuklappen nehmen“. „Sie sollen sehen, dass sie mit einem Rollstuhl nicht immer etwas Negatives in Verbindung bringen müssen“, erklärt der Wettbewerbsgewinner. ddp

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