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© AFP

Schweden: Entspannte Thronerbin

Kronprinzessin Victoria von Schweden feierte ihren 30. Geburtstag. Heiraten will sie noch nicht.

Die Gratulanten waren zahlreich zum runden Geburtstag ihrer künftigen Königin erschienen: Zum 30. Geburtstag von Kronprinzessin Victoria von Schweden versammelten sich am Samstag Zehntausende vor dem Palast in Stockholm.

Anders als für viele Neudreißiger ist dieser Geburtstag für Victoria noch kein Anlass für eine erste Lebensbilanz. Einen solchen Druck spürt die populäre Thronerbin kaum, sagt sie in einem Exklusivinterview der schwedischen Nachrichtenagentur tt. Eigentlich kein Wunder. Schließlich wird Victoria seit ihrem dritten Lebensjahr auf ihren künftigen Beruf vorbereitet: eines Tages schwedische Königin zu werden. Völlig ohne Probleme lief das dennoch nicht ab. Als Jugendliche litt sie unter ernster Magersucht. Damals hieß es, dass die unsichere Prinzessin den Druck ihrer Position nicht aushielt. Dann lernte sie den Fitnesslehrer Daniel Westling kennen, mit dem sie seit fast sechs Jahren zusammen ist. Der 33-Jährige soll Victoria zu einem versöhnlicheren Verhältnis zu ihrem Körper und zum Leben verholfen haben. Heute scheint jene Jugendzeit vergessen. Prinzessin Victoria wirkt entspannter den je. „Ich fühle mich heute viel sicherer und ruhiger als noch vor einigen Jahren, wo ich ständig gespürt habe, dass ich mehr leisten müsse“, sagt sie.

1977 kam Victoria Ingrid Alice Désirée als erstgeborenes Kind von Carl XVI. Gustaf und der aus Deutschland stammenden Königin Silvia zur Welt. Eigentlich wäre ihr zwei Jahre jüngerer Bruder, Prinz Carl Philip, Thronfolger geworden. Doch im Zuge der Gleichberechtigung wurden 1980 die schwedische Verfassung geändert und das männliche Thronfolgerecht aufgehoben. Erste weibliche Thronfolgerin seit der Königin Christina im 17. Jahrhundert zu sein – auch das wurde als zusätzliche Bürde für die sensible Königstochter angesehen. Eine stramme Ausbildung sollte ihr Selbstvertrauen geben. Nach dem Gymnasium studierte sie Sprachen, Deutsch, Englisch und Französisch. Dann studierte sie Politik und Geschichte an der vornehmen Yale-Universität in den USA. Später folgten eine Diplomatenausbildung im Außenministerium und ein Einsatz beim schwedischen Außenwirtschaftsrat, im Rahmen dessen sie ein mehrwöchiges Praktikum in Berlin absolvierte. Im Frühling schloss sie ihre diplomatische Ausbildung ab. Vor einigen Wochen hat sie ihre letzten Examen im Fach Staatswissenschaften abgelegt.

„Ich musste viel büffeln, aber es hat Spaß gemacht“, sagt Victoria. Während ihre Freunde ihren Weg ins Arbeitsleben suchen, studiert Victoria weiter. „Ich werde oft gefragt: ‚Bist du jetzt fertig?‘ Aber ich studiere ja, um Schweden später so gut wie möglich repräsentieren zu können“, sagt die Kronprinzessin. Den Schweden gilt sie als jemand, der einstecken kann und sich trotz Schwierigkeiten durchbeißt. Sie ist das Paradebeispiel eines fleißigen Menschen, dem das Allgemeinwohl und der Beruf mehr am Herzen liegen als das glamouröse Leben einer Prinzessin. Im Gegensatz zu ihren Geschwistern, Prinzessin Madeleine und Prinz Carl Philip, trifft man sie so gut wie nie im Stockholmer Nachtleben. Victoria verbringt lieber viele Stunden an ihrem Schreibtisch im königlichen Schloss.

Zu jedem Geburtstag wird ihr die Frage gestellt, ob sie denn nicht endlich ihren Daniel heiraten wolle. Sie hört diese Frage nicht gern und weicht aus: „Ich freue mich sehr, wenn meine Freunde sich verheiraten, aber ich selber fühle tatsächlich keinen Druck“, sagt Schwedens künftige Königin. „Es geschieht, wenn es so weit ist.“ Dass die Einheirat in die königliche Familie kein Zuckerschlecken ist, habe schon ihre Mutter, Königin Silvia, feststellen müssen. „Mama musste durch das eine und andere durch. Es ist klar, dass es nicht einfach ist, von außen in die Familie zu kommen“, sagt Victoria. Westling soll lange nicht richtig akzeptiert worden sein, weil ihm die richtige Bildung und der soziale Schliff fehlten, heißt es in der Presse. Im Volk genießt der 33-Jährige auch wegen seiner einfachen Herkunft viel Sympathie. „Wenn Victoria nicht Kronprinzessin wäre, hätte der arme Daniel sie schon längst geheiratet“, hört man Hofjournalisten oft sagen. Sollte Westling seine Victoria ehelichen, müsste er sein Fitnessstudio aufgeben. So will es die Etikette.

André Anwar[Stockholm]

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