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Schweinegrippe: Deutschland sagt dem Virus den Kampf an

Die Weltgesundheitsorganisation hat wegen der Schweinegrippe Pandemie-Warnstufe vier ausgerufen. Deutschland sieht sich gerüstet. Dennoch gibt es offene Fragen.

Experten rätseln weiter über die Folgen der so genannten Neuen Grippe in Mittel- und Nordamerika: "Fachleute können nicht erklären, warum sich der Verlauf der Fälle in den USA so sehr unterscheidet von denen in Mexiko", sagte Gesundheitsstaatssekretär Klaus Theo Schröder heute auf einer Pressekonferenz in Berlin. In den Vereinigten Staaten gibt es wenige Erkrankte, in Mexiko dagegen schon mehr als 100 Tote. Bei knapp 30 Fällen steht fest, dass das Amerika-Virus, die so genannte Schweine-Influenza, die Ursache war.

Deutschlands oberster staatlicher Erforscher von Krankheitserregern, Jörg Hacker, zeigte sich auf der Pressekonferenz beunruhigt: Man sei in einer "schwierigen und Besorgnis erregenden Situation", sagte der Chef des Robert-Koch-Instituts. Das neue Virus habe seine Wurzeln sowohl im Tierreich, bei den Schweinen und – wie bei der Vogelgrippe-Epidemie – beim Geflügel. Hinzu käme eine Verankerung im "humanbiologischen Sektor". Unklar sei auch, warum vor allem Menschen mittleren Alters von dem Virus befallen werden.

Inkubationszeit derzeit bei drei bis fünf Tagen

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hatte vor einer weltweiten Epidemie gewarnt. Für Deutschland versuchte RKI-Chef Hacker zu beruhigen: Die Krankheit sei nach ihrem Ausbruch mit den derzeit vorhandenen und gebräuchlichen Medikamenten zu behandeln. Medikamente wie "Tamiflu" sollten Erkrankte jedoch strikt nach ärztlicher Anweisung einnehmen. Derzeit liegt die Inkubationszeit der Grippe bei drei bis fünf Tagen: Die Krankheit "sollte sich schnell zeigen", sagte Schröder. Das Virus könne sich aber jederzeit verändern. Man gehe davon aus, dass die Weltgesundheitsorganisation in ihren Labors bereits begonnen habe, Viren anzuzüchten, was die Voraussetzung für die Produktion eines geeigneten Impfstoffes sei.

Schröder erinnerte daran, dass in Deutschland vertraglich mit zwei Impfstoff-Herstellern geregelt sei, dass jederzeit soviel Grippe-Impfstoff vorhanden ist, dass "zweimal durchgeimpft werden kann". Das werde dann auch für das neue Virus garantiert. Deutschland sei das Land mit der größten Kapazität für die Produktion solcher Präventionssubstanzen.

Experte: Untersuchung mit Wärmebildkameras an Flughäfen unnötig

Im Hinblick auf die von rückkehrenden Mexiko-Reisenden ausgehende Gefahr setzen die Experten auf die Information der Fluggäste durch das Personal in Flugzeugen und an Flughäfen. Alle Airports und Crews seien mit dem nötigen Infomaterial versorgt. Wer nach der Rückkehr oder nach Kontakt mit Flugreisenden Grippesymptome feststelle, solle zum Arzt gehen. Über Ärzte- und Krankenhausverband seien auch die Mediziner informiert. Reisende schon am Ankunftsterminal des Flughafens mit Wärmebildkameras auf Fiebersymptome hin zu untersuchen, hält Schröder für unnötig.

Nach Auskunft Schröders kann der Staat, nachdem die WHO Warnstufe vier ausrief, einen Krisenstab von Bundesgesundheits- und -innenministerium einrichten. Das bisher im Hintergrund gehaltene Kriseninstrumentarium könne "sofort hochgefahren werden". Bisher setze man jedoch auf den Austausch zwischen den Ressorts, da die interministerielle Kooperation ausreichend gut sei. RKI-Chef Hacker, sagte, dass die WHO die Warnstufe "nicht unerwartet" hoch setzte, da es nunmehr Verdachtsfälle in mehreren Ländern gibt.

"Keine konkrete Bedrohung" in Deutschland

Im Koch-Institut existiert nach Hackers Schilderung bereits ein Lagezentrum zur so genannten Neuen Grippe, das sich jederzeit vergrößern auf ausbauen lasse. Zudem gebe es eine ständige Expertengruppe zu Influenza. Noch sei nur eine Warnstufe ausgerufen, erinnerte Hacker. Selbst Stufe fünf – beim Ausbruch der Influenza in mehreren WHO-Regionen – sei nur eine Warnstufe. Erst beim der weltweiten Ausbruch herrsche Stufe sechs. Insgesamt gebe es aber in Deutschland "keine konkrete Bedrohung", sagte Staatssekretär Schröder - obwohl sich im Schnitt 9000 deutsche Touristen in Mexiko aufhielten.

In Deutschland untersuchten Mediziner am Dienstag drei Menschen mit Verdacht auf die Neue Grippe. Die drei – darunter ein Ehepaar – kamen laut RKI von einer Mexikoreise zurück und stammen aus Süddeutschland. Sie seien teils im Krankenhaus, teils zu Hause isoliert. Zwei der Betroffenen gehe es "recht gut". In einem Fall hätten die Ärzte Symptome festgestellt, die nicht typisch für eine Grippe seien. Derzeit werte man Schnelltests auf Influenza A aus, dann auf das neue Virus H1N1. Der Neue-Grippe-Verdacht bei drei Menschen aus Bielefeld habe sich nicht bestätigt. (Zeit Online)

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