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So in der Art hatte ich mir die I-Doser-Wirkung vorgestellt...

© dpa

Selbstversuch: Hördroge I-Dosing: Gott im Ohr

Seitdem unsere Autorin einen Artikel über das Phänomen I-Dosing geschrieben hat, platzt sie fast vor Neugierde. Und hat jetzt die Droge zum Hören selbst ausprobiert.

Meine Hände sind feucht, das Herz klopft mir bis zum Hals – langsam setze ich die Kopfhörer auf. Ein letzter Blick noch Richtung Tür – wird mich jemand hören, wenn ich anfange, hysterisch zu schreien? Ich probiere heute I-Dosing aus. Drogen aus dem Kopfhörer.

Ich habe mich für eine kostenlose Test-Version der I-Doser Designerdroge „Hand of God“ entschieden. Angeblich wird mir gleich Hören und Sehen vergehen, wenn ich vom Allmächtigen höchstpersönlich durch die Unendlichkeit geführt werde. Wir werden sehen.

Also Kopfhörer auf, Sound an. Und weg bin ich, tauche ein in die Welt der Binaural Beats. Augen zu, bequem aufs Sofa legen. Beste Voraussetzungen, so soll sich die Wirkung der Hördrogen am besten entfalten können.

So klingt sie also, meine Eintrittskarte ins Nirwana: ein Summen. Ein eintöniges, mechanisches Summen. Ich fühle mich, als läge ich in einem Maschinenraum, unten in einem  Schiffsbauch. Und die Maschine läuft und läuft und läuft – immer weiter. Minutenlang. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber pures Maschinen-Summen gehört nicht gerade zu den Dingen, die ich mir am Liebsten anhöre. Einfach mal so, ganz ohne andere Umwelteinflüsse. Nur das Summen und ich.

Entspannend wirkt das auf mich schon mal nicht. Im Gegenteil, es ist eher unangenehm. Was die Sache noch unangenehmer macht: Ich habe das Gefühl, meine Augen bewegen sich unruhig hin und her. Und ein ganz kleiner Augenspalt möchte sich ständig öffnen. Ob das daran liegt, dass ich einfach unentspannt bin, oder doch an der Wirkung des I-Doser-Stücks? Bin ich schon kurz davor, durchs Universum zu fliegen? Fragen über Fragen. Ach schade, falscher Alarm: Schon beruhigen sich die Augen wieder.

Jetzt kann mich nur noch volle Konzentration auf die Töne in einen Rausch versetzen. Also Endspurt! Mmmmmmmmmmmm…Das Summen ändert sich kaum. Nein, ich korrigiere: Es ändert sich überhaupt nicht. Immer weiter läuft sie, die Maschine im Schiffsbauch. Nach gefühlten fünf Stunden wird mir echt langweilig. Innerlich ohrfeige ich mich, frage mich: Ist es zuviel verlangt, einmal zehn Minuten lang nur dazusitzen und nichts zu tun? Wir sollten uns einfach viel öfter mal Zeit für uns selbst nehmen und durchatmen! Ist das etwa die Botschaft von I-Dosing? Vielleicht. Wäre ein edles Ziel...

Dann unvermittelt, während ich meinen Gedanken weiter nachhänge, hört das Summen auf. Ich bin ziemlich erleichtert, dass der Spuk vorbei ist. Langsam öffne ich meine Augen, nehme bedacht die Kopfhörer ab, richte mich vorsichtig auf. Spüre ich jetzt etwas? Vielleicht eine Art Nachwirkung? Ein bisschen benebelt fühle ich mich schon. Aber ich glaube das liegt eher am Kreislauf.

Schade eigentlich. Ich hätte so gerne die Unendlichkeiten der Unendlichkeit erkundet. Aber gewirkt hat die Droge zum Hören bei mir nicht. Ist eben doch alles mehr Schall als Rauch.

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