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Panorama: Sexstreik in der Türkei

Dorffrauen wollen nicht länger Wasser schleppen

Die Herren der Schöpfung sind ratlos. Im südtürkischen Dorf Kicaköy stehen etliche Männer derzeit abends vor verschlossenen Schlafzimmern. Ihre Frauen sind in einen Sexstreik getreten, weil sie das Trinkwasser für die Ortschaft aus 13 Kilometern Entfernung anschleppen müssen – ohne dass die Männer viel dafür tun würden, dass das Wasserproblem gelöst wird. Selbst Bürgermeister Osman Arslan ist zu Hause vom Streik betroffen, wie er dem Tagesspiegel sagte. „Seit etwa einem Monat geht das so“, sagte er. Bei allen Nachteilen für sich selbst müsse er zugeben, dass man den Frauen die Aktion nicht verübeln könne: „Recht haben sie.“

Während sich die Männer vor dem Teehaus in Kicaköy versammelten und über ihr Schicksal nachsannen, redeten sich ihre Ehefrauen beim Besuch des Parlamentsabgeordneten Ali Riza Öztürk ihren Ärger von der Seele. Das Dorf hat zwar Anschluss ans Trinkwassernetz – eine Rohrleitung endet im Dorfbrunnen, der auf diese Weise gefüllt wird. Doch seit etwa einem Jahr kommt nur noch alle zehn Tage Wasser an, und das reicht nicht. „Die Frauen haben es satt“, sagt die Vorzimmerdame des Bürgermeisters.

Denn wie so oft in der türkischen Provinz sind es die Frauen, die das Problem ausbaden müssen. Auf Eseln und mit schweren Kanistern bringen sie das Trinkwasser ins Dorf. Von den Männern, von denen die meisten als Bauern auf den Feldern arbeiten, konnten sie bisher weder Hilfe beim Schleppen noch bei der Lösung des Rohrleitungsproblems erwarten.

In einem anderen Dorf, Sirtköy bei Antalya, hatten schon vor sieben Jahren Frauen mit einem Sexstreik den Bau einer Wasserleitung durchgesetzt. In einer bekannten Filmkomödie aus dem Jahr 1983, „Salvar Davasi“, ging es ebenfalls um einen Frauenaufstand. Der Berliner Regisseur Veit Helmer verfilmte das Thema des orientalischen Frauenstreiks zuletzt in dem Streifen „Absurdistan“.

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