zum Hauptinhalt

Panorama: Sie wollte doch nur Respekt

Anna Nicole Smith wünschte sich immer, so zu sein wie Marilyn Monroe. Jetzt starb sie wie ihr Vorbild

Alles an Anna Nicole Smith war ein bisschen zu groß: auch ihr Wille, berühmt zu werden. Damit passte sie perfekt in jenes klatschsüchtige Amerika, das jeden Sonntagmorgen in die Kirche geht und abends das „People“-Magazin und den „Playboy“ unter dem Bett hervorzieht. Als sie noch Vickie Lynn Hogan hieß und in einem kleinen texanischen Ort nördlich von Dallas aufwuchs, erzählte sie ihren Freundinnen, dass die Welt sie eines Tages als die nächste Marilyn Monroe kennen würde.

Monroe, Jayne Mansfield, so richtig konnte sich der „Playboy“ nie entscheiden, als er sie 1993 zum „Playmate of the Year“ machte. Sicher war nur, dass alle sie für einen billigen Abklatsch hielten. Kann nicht singen, kann nicht schauspielern, ist ein „gold digger“, eine Erbschleicherin. Am Donnerstag nun starb sie, 39-jährig, wie die Monroe, allein in ihrem Zimmer, vermutlich an einer Überdosis Drogen. Und die Boulevardblätter taten ihr einen letzten Gefallen, als sie wie die „New York Post“ am Freitag auf ihren Titelseiten schrien: „War es Mord?“

Noch am Tag, nachdem eine Krankenschwester Smith in ihrem Bett in einem Hotel in Florida gefunden hatte, sollte die Autopsie vorgenommen werden. Der TV-Sender CBS berichtete, in ihrem Zimmer seien Drogen gefunden worden. Auch ihre Mutter Vergie Arthur sagte: „Ich denke, es waren einfach zu viele Drogen. Ich habe versucht, sie davor und vor den Leuten zu warnen, mit denen sie ihre Zeit verbrachte. Aber sie hat mir nicht zugehört.“ Frühere Weggefährten halten einen Selbstmord nicht für ausgeschlossen. „Ich bin sehr, sehr traurig, aber nicht geschockt“, sagte ihr ehemaliger Sprecher David Granoff. „Sie hatte kein Feuer mehr.“

In den letzten Monaten spielte das Leben ihr übel mit. Zu dem Dauerstreit um das Erbe des texanischen Ölmilliardärs J. Howard Marshall II kam der Zwist um ihre im September geborene Tochter Dannielynn zwischen ihr und einem ihrer ehemaligen Freunde. Während sie behauptete, ihr Anwalt und Lebensgefährte Howard K. Stern sei der Erzeuger, bestand der Paparazzo Larry Birkhead auf einem Vaterschaftstest, der laut Gerichtsanordnung bis zum 21. Februar stattfinden muss. Am 10. September, drei Tage nach der Geburt seiner Schwester, starb Smiths 20-jähriger Sohn Daniel aus einer Kombination zweier Antidepressiva und Methadon. „Ich werde nie akzeptieren, dass Daniel nicht mehr da ist“, sagte sie im November in einem TV-Interview, „und ich verstehe nicht, warum Gott ihn genommen hat anstatt mich.“ Sie kämpfte mit Komplikationen nach ihrem Kaiserschnitt, im November plagte sie eine Lugenentzündung. So hatte sie sich ihr Leben als Celebrity nicht vorgestellt, als sie 1992 ihre Bilder an den „Playboy“ einschickte. Damals arbeitete sie als Striptänzerin in einem Nachtklub in Houston, weil sie als Kellnerin und Kassiererin nicht genug verdiente, um ihren Sohn alleine großzuziehen. Ihre Brüste waren zu klein, deshalb durfte sie zunächst nur nachmittags auftreten. Mit Implantaten schaffte sie es ins Abendprogramm. Zu der Zeit, als der „Playboy“ ihr schlagartig zu nationalem Ruhm verhalf, lernte die in dem Nachtklub Marshall kennen. 1994 heirateten der an einen Rollstuhl gefesselte 89-Jährige und die damals 26-jährige Smith. Niemand glaubte ihr, dass sie auf etwas anderes aus sei als das 1,6 Milliarden Dollar schwere Erbe, auch wenn sie beharrlich dementierte: „Niemand hat mich jemals respektiert oder Dinge für mich getan. Als Howard auftauchte, war das ein Segen für mich.“ Keine zwei Jahre später starb Marshall, der Streit um das Milliardenvermögen begann. Smith trug ihn bis zum Obersten Gerichtshof der USA in Washington, wo sie, in züchtigem Schwarz gekleidet, einen Sieg davon trug, der nur wieder neue Prozesse bedeutete. Bis heute ist unklar, wer wie viel von dem Geld bekommt. Marshalls Familie beeilte sich nach Smiths Tod, zu versichern, sie werde den Erbstreit weiterführen – nun mit ihrer vier Monate alten Tochter. Um deren Sorgerecht – und damit auch den potenziellen Zugriff auf die Millionen –, streiten sich nun Stern und Birkhead.

Smith hatte Stern in einer rechtlich nicht bindenden Zeremonie „geheiratet“. Die Bilder davon kaufte das „People“-Magazin, angeblich für eine Million Dollar.

Ihren Ruf erarbeitete sie sich nicht nur durch ihren Klagen, sondern auch durch schräge Auftritte vor einem Millionenpublikum. Bei den American Music Awards war sie so vollgepumpt mit Drogen oder Alkohol (oder beidem), dass sie nur noch lallen konnte, bei den Australien Video Music Awards ließ sie auf der Bühne das Oberteil ihres Kleides fallen und zeigt blanke Brüste mit „MTV-Logo“. Menschen, die sie näher kannten, sagen, hinter der schrillen Fassade verbarg sich ein bodenständiges, reizendes und sehr unsicheres Mädchen aus der Provinz. Sie wollte reich und berühmt werden und dazugehören, doch stattdessen lachten alle über die großbusige Blondine und glaubten, sie merke es nicht. In einem Interview sagte sie einmal: „Ich wollte immer berühmt sein. Aber nicht so.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false