zum Hauptinhalt
Andreas Austilat.

© Doris Spiekermann-Klaas

Meine Frau, ihr Garten und ich: Suche nach dem verborgenen Ort

Ich weiß genau, wie Ihr Garten aussieht, hat mal eine Leserin zu mir am Telefon gesagt.

Von Andreas Austilat

Nun, ich fürchte, da irrte sie, denn es gibt da einen Punkt, den habe ich in meinen Betrachtungen bisher ausgelassen: Unser Garten ist nämlich eher lang und schmal. Handtuch, sagen manche dazu, was ich nicht so gern höre.

Nun, ist ja auch egal, mich hat das nie besonders gestört. Im Gegenteil, früher fand ich seine Form optimal, das Verhältnis Länge zu Breite entsprach ungefähr einem kleinen Fußballplatz. Und wenn man ein Netz quer spannte, hatte man ein prima Federballfeld. Weshalb ich auch immer darauf geachtet habe, dass diese Optik möglichst wenig gestört wird. Meine Frau musste ihr schmückendes Beiwerk deshalb stets am Rand pflanzen.

Als die Kinder größer wurden, musste ich die Spieltätigkeit ein wenig einschränken, weil, wenn so ein Halbwüchsiger beim Tackling in den Rhododendron fällt, sind die Kollateralschäden mitunter beträchtlich. Und eine fehlgeleitete Flanke kann schon mal eine Rose knicken.

Inzwischen, ich deutete es beim letzten Mal an, spielen wir kaum noch auf dem heimischen Rasen. Zumal meine Frau durch gärtnerische Maßnahmen unser Feld doch arg eingeengt hat. „Das muss so sein“, pflegt sie dann zu sagen, so ein Garten brauche verborgene Orte, die man nicht auf den ersten Blick einsehen kann.

Ihre erste Maßnahme betraf die Hecke, die sich nicht etwa hinten an den äußersten Rand gepflanzt hat, sondern ein gutes Stück davor. Es ist auch nur eine halbe Hecke, aber sie zwingt mich einen Bogen zu machen, wenn ich hinten rauswill, vorbei am Hasenbegräbnisplatz und dem Gewerbegebiet, wie ich die neue Zone ganz am Ende getauft habe, seit wir dort eine respektable Sammlung verschiedenfarbiger Mülltonnen stehen haben. Die Zeit, in der man mit einer auskam, ist ja lange vorbei.

Neuerdings hat sie eine weitere Hürde noch ein Stück weiter vorn errichtet: ein Hochbeet quer zu meinem gewohnten Laufweg, das sie überdies mit allerlei Töpfen auf einer Etagere verziert hat. Mitten im Gebüsch guckt ein schon reichlich verwitterter David verschämt zur Seite. „Was steht denn da im Weg?“, habe ich noch gefragt, da ist sie gar nicht darauf eingegangen. Stattdessen plant sie weitere Maßnahmen, den Garten verwunschener zu machen, wie sie es nennt.

Ach früher, da war alles viel übersichtlicher in unserem länglichen Geviert. Jetzt muss ich ewig den Hund suchen, wenn er sich draußen rumtreibt. Wenn das so weitergeht, werde ich irgendwann Schilder aufstellen müssen, damit ich den Ausgang noch finde.

Vom Autor ist kürzlich das Buch „Hotel kann jeder – meine Frau, unser Wohnwagen und ich“ erschienen. Daraus liest er am 10. Juli im Tagesspiegel, Askanischer Platz 3. Bei schönem Wetter im Hof, gegrillt wird auch. Karten gibt es unter www.tagesspiegel.de/veranstaltungen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false