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Oscar Pistorius wurde als „Blade Runner“ bekannt und galt als „schnellster Mensch der Welt ohne Beine“

© AFP

Sprintstar unter Mordverdacht: Anklage gegen Oscar Pistorius - am Geburtstag seiner toten Freundin

Am Montag wird der Sportler Oscar Pistorius in Südafrika angeklagt – und offenbar nicht nur wegen vorsätzlichen Mordes. Dem Sportstar droht lebenslange Haft.

Am Montag, an dem der südafrikanische Leichathletik-Star Oscar Pistorius nach Monaten in der Freiheit wieder vor Gericht erscheinen muss, wäre seine Freundin Reeva Steenkamp 30 Jahre alt geworden. Doch sie ist tot. Mutmaßlich ermordet von ihrem Freund, dem berühmten und bis zur Tat von aller Welt geliebten Prothesensprinter Oscar Pistorius. Doch am 19. August 2013 wird gegen den 26-Jährigen aus Pretoria möglicherweise nicht nur Anklage wegen vorsätzlichen Mordes erhoben. Nach Berichten des nationalen Nachrichtensenders „eNCA“ und der Agentur AFP drohen dem einstigen Sportidol zwei weitere Anklagen wegen Schusswaffengebrauchs.

Pistorius soll auch aus dem Auto heraus geschossen haben

So wird Pistorius voraussichtlich auch vorgeworfen, im Januar diesen Jahres in einem Restaurant in Johannesburg versehentlich einen Schuss abgefeuert zu haben. Zudem soll er auf dem Rückweg aus dem Urlaub aus dem fahrenden Auto eines Freundes heraus eine Waffe weggeworfen haben, nachdem er einmal aus dem geöffneten Schiebedach des Autos geschossen haben soll. Ob es aber - sofern die Anklage erhoben wird - ein angeberhafter Schuss in die Luft war oder ob er auf etwas gezielt hat, wurde aber nicht erläutert. Die Staatsanwaltschaft wollte sich zu dem Bericht nicht äußern, sondern verwies auf eine Voranhörung am Montag. Dann soll Pistorius vor Gericht erscheinen, das die Anklagepunkte bekannt geben will. Der zuständige Richter hat Pistorius ermahnt, zu der Anhörung am Montag zu erscheinen. Andernfalls werde er inhaftiert. Der Prozesses soll laut der Sportagentur SID im März 2014 beginnen.

Das Model Reeva Steenkamp wäre am Montag 30 Jahre alt geworden.
Das Model Reeva Steenkamp wäre am Montag 30 Jahre alt geworden.

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Er weist alle Vorwürfe zurück: "Ich fühlte mich verletzlich"

Die Anklage wirft Oscar Pistorius vor, in der Nacht auf den 14. Februar in seinem Haus im Silver Woods Country Estate im Osten der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria seine Freundin, das Model Reeva Steenkamp, erschossen zu haben. Der 26-Jährige beteuert, es habe sich um ein tragisches Versehen gehandelt, er habe seine Freundin für einen Einbrecher gehalten und sie schützen wollen. Pistorius hatte offensichtlich vier Mal durch die geschlossene Badezimmertür gefeuert und Steenkamp dreimal getroffen. In einer eidesstattlichen Erklärung ließ Pistorius mitteilen, er habe Geräusche gehört, es seien Eindringlinge im Bad gewesen und er habe „große Angst“ gehabt. „Ich hatte meine Prothesenbeine nicht an, deswegen fühlte ich mich verletzlich. Ich wollte Reeva und mich beschützen.“ Und weiter: „Ich habe einen Schuss auf die Toilettentür abgegeben und rief Reeva zu, sie solle die Polizei rufen“. Als er dann jedoch das Bett abtastete, habe er realisiert, dass dieses leer war. Möglicherweise soll er aber schon zuvor im Schlafzimmer nach einem Streit einen Schuss abgegeben haben. Dies sollen Zeugen gehört haben, auch aus Ermittlerkreisen war dieser Tathergang bekannt geworden. Pistorius Anwälte plädieren wegen der aus ihrer Sicht vorgefallenen Verwechslung auf Totschlag in einem minder schweren Fall.

Angeblich hatten aber, so die Vorwürfe des Gerichts, zuvor SMS eines anderen Mannes auf Steenkamps Handy Pistorius zur Weißglut getrieben, sie soll sich nach einem Streit im Bad verbarrikadiert haben. Aufnahmen von Sicherheitskameras sollen offenbar zeigen, dass sich Steenkamp am Abend in seinem Haus aufhielt. Nach Angaben von Pistorius soll sie dann aber mit Freunden ausgegangen sein, er sei nachts im Dunkeln wegen Geräuschen hochgeschreckt. Der Sportstar befindet sich unter Auflagen in Freiheit. Kommt das Gericht zu dem Schluss, die Schüsse seien grob fahrlässig gewesen, müsste Pistorius bis zu 15 Jahre hinter Gitter. Andere Strafrechtsexperten sprechen von lebenslanger Haft. Der Staatsanwalt glaubte ihm bezüglich der Verwechslung zuletzt aber nicht.

In Südafrika besitzen viele Menschen Waffen

In Südafrika besitzen viele Menschen wegen der hohen Kriminalität Waffen, und selbst in solch hoch gesicherte Anwesen wie das von Oscar Pistorius brechen immer wieder Kriminelle ein.

Der beidseitig als Baby unterhalb des Knies beinamputierte Pistorius wirkte bei den Paralympischen Spielen und in Interviews sensibel und bescheiden. Er war als Charming Boy des Behindertenleistungssports und als „schnellster Mensch der Welt ohne Beine“ mit spektakulären Sprints auf High-Tech-Prothesen zum Star und zu von vielen Großkonzernen einsetzten Werbe-Testimonial für Imagekampagnen geworden. Als erster behinderter Leichtathlet trat er bei Olympia 2012 in London gegen nichtbehinderte Sportler an. Davor hatte Pistorius jahrelange Rechtsstreits mit dem Internationalen Sportgerichtshof Cas geführt, um letztlich nachzuweisen, dass ihm seine Kunstbeine keinen Vorteil gegenüber Nichtbehinderten verschaffen.

Bei der Leichathletik-WM räumte jetzt sein Konkurrent Goldmedaillen ab

Nach dem Tod seiner Freundin am Valentinstag hat die Karriere des Profisportlers ein jähes Ende genommen. Bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft des Internationalen Paralympischen Komitees in Lyon im Juli war der mehrfache Paralympics-Goldmedaillengewinner nicht dabei. Stattdessen stand sein junger Konkurrent von den Paralympics in London 2012, der Brasilianer Alan Oliviera, im Rampenlicht und holte in allen Leichtathletik-Wettbewerben Gold. Das dürfte Pistorius neben der Aussicht auf den Prozess und der Angst vor einem Leben hintern Gittern sowie des Verlusts seines Status als Mega-Star zusätzlich stark verletzt haben. Nicht vergleichbar aber mit dem Schmerz, den die Familie von Reeva Steenkamp, einer zuletzt beliebten Protagonistin einer TV-Abenteuerserie traumatisierte. Reeva Steenkamp soll in den Armen von Oscar Pistorius gestorben sein, als dieser sie unter Schock angeblich die Treppe heruntertrug, um sie Rettungskräften zu übergeben.

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