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Sturmtief "Daisy": Plötzlich war der Strand weg

Das Sturmtief „Daisy“ hatte im Januar eine schwere Sturmflut an der Ostsee ausgelöst, die Unmengen von Sand ins Meer spülte. Zurück blieben oft nur Steine oder lediglich der Hauch einer Sandschicht. Glimpflicher davon kam die östliche Küste.

Die Männer an den Strandkörben im Ostseeheilbad Kellenhusen in der Lübecker Bucht machen sich ihren eigenen Reim auf die Vulkanasche. „Immer her damit“, sagt einer aus der dreiköpfigen Männerrunde. „Wir brauchen jedes Gramm.“ Bevor er den Kasten weiter in Richtung Promenade schiebt, fügt er noch lächelnd hinzu: „Natürlich nur zum Untermischen, es soll ja niemand Schaden nehmen.“

Die nicht ganz ernst gemeinte Überlegung hat einen ernsten Hintergrund. So wie in Kellenhusen erwartet die Touristen in vielen Ostseebädern Schleswig-Holsteins ein wenig ansehnlicher Strand. Das Sturmtief „Daisy“ hatte im Januar eine schwere Sturmflut ausgelöst, die Unmengen von Sand ins Meer spülte. Zurück blieben oft nur Steine oder lediglich der Hauch einer Sandschicht. Kurz vor dem Beginn der Feriensaison sind zwar einige der größten Schäden beseitigt worden, aber viele Gäste stehen kopfschüttelnd vor den Zeugnissen der Naturgewalten.

„Der Sturm kam damals direkt aus Nordosten und prallte mit voller Wucht auf das westliche Ufer der Lübecker Bucht“, erinnert sich der Meteorologe Stefan Kreibohm vom Wetterstudio auf Hiddensee. „Die See wurde weit aufs Land gedrückt.“ Durch die Windrichtung seien die Küsten vor Mecklenburg und Vorpommern aber überhaupt nicht beschädigt worden.

Die Schadenskarte zeigt einen fetten Strich zwischen West und Ost, fast genau auf der einstigen innerdeutschen Grenze. „Wir haben diesmal wirklich Glück gehabt“, sagt Dieter Dunkelmann, Kurdirektor von Boltenhagen, etwa auf der Hälfte des Weges zwischen Lübeck und Wismar. „Bei uns ist nicht ein Krümel Sand abhanden gekommen.“ Ähnliche Berichte gibt es von den Tourismusgesellschaften auf den Inseln Rügen und Usedom. Sowie von der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst (FDZ): Alle Strände und auch die Seebrücke in Prerow seien noch da. Lediglich vor dem Ostseebad Kühlungsborn hat „Daisy“ arg gewütet. „Zwei Stege in unserem Hafen haben dem Druck einer Welle nicht stand gehalten“, erklärt Peter Brauer, Chef des örtlichen Tourismusservices. „Aber rechtzeitig zur Segelsaison ist alles wieder in Ordnung.“

In zwei Wochen wieder Sand und keine Steine mehr

Viel schwerere Sorgen hat Volker Popp, Bürgermeister der nördlich von Lübeck gelegenen Gemeinde Timmendorfer Strand. Traditionell stehen vor den großen Hotels an der auffallend wenig bevölkerten Strandallee einige Autos mit Berliner Kennzeichen. „Uns hat der Sturm sehr viel Sand weggenommen, den wir nun mit großem Aufwand wieder auftragen müssen“, erzählt Popp. „Zum Glück hat die See ihn nicht verschluckt, sondern nur an einer anderen Stelle abgeladen. Von dort holen wir ihn nun wieder zurück.“ In etwa zwei Wochen würden die Urlauber wieder nur Sand und keine Steine mehr unter ihren Füßen spüren. Etwas länger dauern die Reparaturen der beiden Seebrücken. Teile beider Köpfe stürzten ins Meer.

Rund 400 000 Euro habe das Land Schleswig-Holstein für die Beseitigung der Sturmschäden bereitgestellt. Den größten Teil müssen die Kommunen jedoch selbst tragen, liegt doch die Gesamtschadenshöhe bei fast sieben Millionen. Allerdings halten sich die Kurdirektionen der besonders getroffenen Orte wie Kellenhusen, Grömitz, Dahme, Süssau oder Großenbrode mit genauen Angaben zu den Verlusten und der Zahl ausbleibender Gäste zurück. „Wir wollen doch niemanden verschrecken“, sagt Sandra Hamer, Kurdirektorin aus Großenbrode.

Trotz der Botschaften, wonach die Gäste auch weiterhin beruhigt in die Küstenorte kommen können, ist überall die Angst vor einem Imageschaden nicht zu überhören. Stehen doch die Seebäder Schleswig-Holsteins im Wettbewerb mit Mecklenburg-Vorpommern.

Im Moment schlägt das Pendel eher nach Osten aus.

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