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Panorama: Teure Spiele

Olympia 2012 wird London doppelt so viel kosten wie veranschlagt – ausbaden müssen es die Bürger

Die Rentner im Ostlondoner Bezirk Bexley sehen den Olympischen Spielen 2012 mit gemischten Gefühlen entgegen. Wie alle Londoner müssen sie nun zwölf Jahre lang 24 Pfund im Jahr an zusätzlichen Gemeindesteuern bezahlen, um die Spiele mitzufinanzieren. „Das wurde hinter dem Rücken der Bürger beschlossen“, schimpft der 62-jährige David Clark. 5600 Mitstreiter haben seine Petition gegen die „Olympiasteuer“ unterzeichnet. Einige sind schon im Steuerstreik. Ganz Entschlossene wollen notfalls sogar lieber ins Gefängnis gehen, als zu bezahlen.

Auch der 71-jährige Jack Lemley protestierte gegen die Kostenexplosion. Er war als Vorsitzender der Londoner Olympiagesellschaft verantwortlich dafür, dass für die Spiele pünktlich und kostengerecht gebaut wird. Doch die politischen Rangeleien um den Olympiaetat machten ihn krank. Er kündigte. Lemleys Abgang schlug wie eine Bombe ein. Hat man den Londonern einen Bären aufgebunden? Versichert wurde ihnen, die Spiele seien mit den Steuerpennys und ein bisschen Lottogeld ohne weiteres finanzierbar, sie würden sogar 100 Millionen Gewinn machen und ganz nebenbei eine der ärmsten und verwahrlosesten Vorstadtwüsten im Land regenerieren.

Nun warnt Angie Bra, die Fraktionsführerin der Konservativen im Stadtparlament, vor einem „Fiasko“. Als man sich die Kostenkalkulation noch einmal vornahm, war von den veranschlagten 2,3 Milliarden Pfund nicht mehr die Rede. Mindestens 250 Millionen Pfund kommen dazu, weil man die Mehrwertsteuer vergessen hatte. Auch bei der Kalkulation der Inflation war man zu optimistisch gewesen: Im Baugewerbe liegt sie bei sieben Prozent. So musste die Berechnung für das Olympiastadion um 30 Millionen Pfund erhöht werden.

Aber hinter den Kulissen wird nicht um diese Millionen, sondern um Milliarden gekämpft. Anfang November meldete die Olympiagesellschaft stolz, sie sei nun im Besitz des gesamten Baugeländes. Dort, wo zwischen Bow und Stratford neben alten Industriekanälen und verschmutzten Flüsschen der neue Olympiapark entstehen soll, sieht man außer zerwühltem Dreck und dem blitzneuen Bahnhof Stratford International bisher nicht viel.

Mindestens vier Milliarden Pfund, so die neue Kalkulation, wird die Olympiade kosten. Die Buchprüfungsgesellschaft KPMG, heißt es, geht sogar schon von fünf Milliarden aus – also mehr als das Doppelte der ursprünglichen Summe. Und ein kräftiger Zuschlag könnte auch noch bei den Sicherheitskosten anstehen. 200 Millionen Pfund wurden dafür veranschlagt – halb so viel wie in Athen 2004. Das war allerdings vor den Selbstmordattentaten in der Londoner U-Bahn.

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