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© dpa

Türkei: Marco bleibt vermutlich weiter in Haft

Am Freitag wird in Antalya der Prozess gegen Marco W. fortgesetzt. Eine Freilassung des 17-Jährigen ist unwahrscheinlich, denn das Schwurgericht wartet immer noch auf die Aussage des mutmaßlichen Missbrauchsopfers aus Großbritannien.

Marco wird beschuldigt, die 13-jährige Charlotte aus England sexuell missbraucht zu haben. Nach Angaben von Marcos Rechtsanwalt Jürgen Schmidt fehlt dem Gericht in Antalya immer noch die Aussage von Charlotte. "Das Rechtshilfeersuchen für die Aussage des Mädchens ist erst kürzlich in England angekommen", sagte Schmidt in Uelzen. Marco und das Mädchen hatten sich im Osterurlaub kennengelernt. Nach einer Anzeige von Charlottes Mutter war der 17-Jährige verhaftet worden.

Marco hatte Charlotte im Badeort Side kennengelernt und war nach einem Discoabend mit anderen Jugendlichen im Hotelzimmer der 13-Jährigen gelandet. Nach Aussagen von Marco war die Initiative zu den Zärtlichkeiten von dem Mädchen ausgegangen, das sich als 15-Jährige ausgegeben habe. Marco wurde am 12. April noch im Hotel festgenommen.

Mühlen der Justiz mahlen langsam

Das Gericht hatte den Prozess unter anderem wegen unvollständiger Unterlagen bereits mehrfach vertagt. Laut Schmidt hat die englische Justiz das türkische Rechtshilfeersuchen erst vor rund zwei Wochen bekommen, also eine Woche nach dem bisher letzten Verhandlungstermin am 6. September. "Marco und seine Eltern hoffen nun, dass die Aussage schnell in der Türkei eingeht", sagte Schmidt.

Anfang August hatte eine Klinikarzt, der das Mädchen noch in der Nacht nach dem fraglichen Treffen mit Marco untersucht hatte, ausgesagt, er habe keine Anzeichen für eine Vergewaltigung entdeckt. Es habe auch keinen Geschlechtsverkehr gegeben. Zudem hatte ein Bekannter der Schwester der 13-Jährigen zu Marcos Gunsten ausgesagt.

Trotzdem hatten die Richter am 6. September einem Antrag der Nebenklage auf ein weiteres Gutachten der Gerichtsmedizin zugestimmt. Experten halten dieses Vorgehen für nachvollziehbar. "Das Fehlen von Verletzungen schließt nicht aus, dass es zum Geschlechtsverkehr gekommen ist", sagt Hans-Dieter Tröger, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover. "Wenn der Klinikarzt nicht erfahren ist oder kein forensisches Wissen hat, kann er zu völligen Fehleinschätzungen kommen."

Der eigentliche Prozess hat noch gar nicht begonnen

Rechtsanwalt Schmidt wies darauf hin, dass es sich bei allen bisherigen Gerichtsterminen noch nicht um die Hauptverhandlung gehandelt habe. "Man muss berücksichtigen, dass es nicht der eigentliche Prozess, sondern immer noch die Haftprüfung ist.

Marco sitzt bereits seit fünf Monaten in Antalya in Untersuchungshaft. Nach Angaben seiner Eltern und seiner Anwälte ist er psychisch angeschlagen und leidet unter einer Neurodermitis. Die Zeit kann er Rechtsanwalt Schmidt zufolge nicht für die Schule nutzen. (mit dpa)

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