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Akin

© AFP

Türkei: Mülldeponie an der Teeplantage

Der Regisseur Fatih Akin engagiert sich als Umweltaktivist in der Türkei – doch in Ankara kann er wenig ausrichten. Er fühlt sich im Widerstand gegen eine Mülldeponie wie Asterix im Kampf gegen die Römer.

Auf diese Art von Schlagzeilen hätte das Dorf Camburnu an der türkischen Schwarzmeerküste wahrscheinlich liebend gern verzichtet. Nicht die Schönheiten der Natur der Region mit ihren Bergen und Wäldern hat die Ortschaft überregional bekannt gemacht, sondern eine Mülldeponie. Seit sich der deutsch-türkische Regisseur Fatih Akin dem Widerstand gegen das Projekt angeschlossen hat, ist Camburnu ein Begriff. Akin dreht einen Dokumentarfilm über die Proteste gegen die Deponie in dem Ort, aus dem seine Großeltern stammen: „Der Müll im Garten Eden“ soll der Film heißen. Genützt hat der Einsatz des prominenten Filmemachers bisher allerdings nichts. In der Deponie hat der Probebetrieb begonnen.

Den Kampf gegen die Deponie vergleicht Akin mit dem Widerstand von Asterix und Obelix gegen die Römer. Der Widerstand des „unbeugsamen Dorfes“ gegen die Müllhalde sei ein Symbol des Kampfes der Menschen für eine bessere Welt, sagte der Regisseur dem „National Geographic Deutschland“. Akin besuchte Camburnu zuletzt im Frühsommer gemeinsam mit Grünen-Chefin Claudia Roth. Beide zeigten sich bestürzt über das Projekt der Deponie in einer ehemaligen Kupfergrube, die Müll aus den Großstädten Trabzon und Rize sowie 49 weiteren Gemeinden aufnehmen soll – 600 Tonnen Müll pro Tag sollen hier landen. „Die Türkei befindet sich auf EU-Kurs, und dabei geht es auch darum, Umweltstandards einzuhalten. Die Mülldeponie läuft diesem Anspruch total zuwider“, sagte er dem „Greenpeace-Magazin“.

Vor Ort wehren sich Stadtverwaltung und Bürger schon lange gegen die Müllhalde. „Wenn es geregnet hat, dann stinkt es bis in den Ort hinein“, berichtet Mevlüt Ofluoglu von der Verwaltung in Camburnu. Wie in anderen Regionen entlang der regenreichen türkischen Schwarzmeerküste wird in der Gegend von Camburnu Tee angebaut – die Menschen befürchten, dass sie ihren Tee nicht mehr loswerden können, wenn sich einmal herumgesprochen hat, dass er aus der Umgebung einer Mülldeponie stammt.

Seit acht Jahren laufen Prozesse der Gemeinde Camburnu gegen die Deponie, doch wie so oft in der Türkei haben die Verfahren keine aufschiebende Wirkung. Ein Jahr lang soll der Probebetrieb der Deponie dauern, anschließend wird sie etwa vier Jahre lang mit Abfall aufgefüllt werden. Akin will sich bei Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und dem neuen Staatspräsidenten Abdullah Gül über das Projekt beschweren. Ob das viel bringt? Mevlüt Ofluoglu in der Gemeindeverwaltung von Camburnu glaubt nicht daran. „Wir haben da keine Hoffnung“, sagt er. „Da ist schon so viel Geld reingesteckt worden.“

Nicht nur in Camburnu zeigt sich, dass der Umweltschutz im Wirtschaftsboomland Türkei nur eine Nebenrolle spielt. So produziert das Land jedes Jahr rund 1,1 Millionen Tonnen an Giftmüll, doch die einzige dafür ausgelegte Verbrennungsanlage der Türkei kann nur 100 000 Tonnen im Jahr verarbeiten. Die Türkei muss in den nächsten Jahren 30 Milliarden Euro in den Umweltschutz investieren, wenn sie die Vorgaben der EU erfüllen will. Derzeit sieht es nicht so aus, als ob dieses Thema den Politikern sehr am Herzen liegt. Das spürt auch Fatih Akin. Er konnte zwar mit dem bisherigen Umweltminister Osman Pepe sprechen, berichtet der Regisseur: „Aber der hat abgeblockt.“

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