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35 Grad im Schatten. Vortänzerin der Sambaschule Portela im Sambodrom.

© AFP

Panorama: Über allem schwebt die Kanzlerin

Die Politik brachte den deutschen Karneval in letzter Minute zum Schwitzen – Rio braucht das nicht.

Noch in der Nacht haben sie gehämmert und gemeißelt. Dass die Politik den Karneval vor sich hertreibt, kommt nicht oft vor. Merkels rascher Entschluss, am Vorabend des Rosenmontags den neuen Bundespräsidenten zu präsentieren, brachte die Karnevalisten gehörig ins Schwitzen. Da wurden in letzter Minute Umzugswagen umgebaut, manche zertrümmert und manche in aller Eile neu entworfen. Am einfachsten war es in Mainz. Dort lag Wulff ohnehin angeschlagen im Boxring, das „angeschlagen“ wurde einfach mit „KO“ übertüncht. Die Düsseldorfer schafften es noch, ein Gauck-Ei zu präsentieren, allerdings ein leicht angeknackstes. Andere Motivwagen in den deutschen Karnevalshochburgen hatten diesmal eher Furchtbares als Thema, V-Leute, Ahmadinedschad, FDP – aber über allem schwebte die Kanzlerin, in Düsseldorf wurde sie gleich mehrfach als Retterin Europas gefeiert.

Am anderen Ende der Welt, in Rio de Janeiro, kommen die Menschen auch ohne Politik ins Schwitzen. Nicht nur wegen der 35 Grad im Schatten – 31 Grad mehr als in Köln –, in Rio tanzen sie einfach Tag und Nacht in den Straßen. Da sind dann alle so glücklich, dass sogar die Mordrate sinkt.

Es gab auch eine karnevalfreie Zone. Das westfälische Dalhausen hat im Jahr 1868 geschworen, nie wieder Karneval zu feiern, damit sich niemand mit Cholera ansteckt. Es hat gewirkt. Seither gibt es dort keine Cholera. Und keinen Karneval. os

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