zum Hauptinhalt

Panorama: Umgepackt und neu datiert?

Gegen eine niedersächsische Fleischfirma wird ermittelt – die ist sich keiner Schuld bewusst

Hannover - Die Bilder von altem Mett in den Kühltruhen der Supermarktkette „real“ sind noch nicht vergessen, da wittern die Ermittler in Niedersachsen bereits einen neuen Skandal. Die Firma Stöver in Aldrup bei Oldenburg soll altes Fleisch mit neuen Etiketten versehen haben. Das behaupten drei polnische Leiharbeiter. Sie hätten Fleisch und Würste mit abgelaufenem Verfallsdatum neu verpacken und mit aktuellem Frischedatum versehen müssen – auf Anweisung von Vorgesetzten, sagten die Polen aus. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hält die Zeugen für glaubwürdig. Sie ermittelt nun gegen drei Stöver-Mitarbeiter. Die Firma, die mit 1600 Mitarbeitern Fleisch- und Wurstwaren, aber auch Kartoffelprodukte herstellt, weist die Vorwürfe „auf das Schärfste“ zurück. „Stöver hat kein verdorbenes Fleisch umgepackt oder in den Handel gebracht“, heißt es in einer Mitteilung. Die Firmenleitung vermutet eine Kampagne, hinter der auch die Gewerkschaft NGG stecke. Polnische Mitarbeiter würden vorgeschickt, „um den Ruf unseres Unternehmens nachhaltig zu stören“.

Beim Veterinäramt des Kreises Oldenburg hält man die Firma für einen Vorzeigebetrieb. Von zu laschen Kontrollen will man dort nichts wissen. Zwei bis dreimal pro Woche sei Stöver überwacht worden – und zwar unangemeldet, betont Christian Wolf, Dezernent für das Veterinärwesen. „Dabei haben wir bislang keine Verstöße festgestellt.“ Die Staatsanwalt sieht hingegen keinen Grund, an den Aussagen der polnischen Arbeiter zu zweifeln. „Die Zeugen hatten bereits zu anderen Sachverhalten ausgesagt, und das hat sich alles als wahr erwiesen“, berichtet Sprecher Gerhard Kayser. Schon im März war Stöver ins Visier der Ermittler geraten. Damals ging es um illegale Beschäftigung von polnischen Schwarzarbeitern und die Fälschung von Papieren. Stöver arbeitete mit zwei Subunternehmern zusammen, die Arbeiter in Polen anwarben. Diese entpuppten sich aber als Briefkastenfirmen. Die Polen arbeiteten mit gefälschten Papieren zu Billiglöhnen und mussten in Massenunterkünften hausen. Die Subunternehmer gestanden, Stöver wurde allerdings in allen Punkten entlastet.

Kayser verweist auf die schwierige Beweislage: „Niemand ist in flagranti erwischt worden.“ In Fachkreisen wird bezweifelt, dass mit den herkömmlichen Überprüfungen solche kriminellen Handlungen verhindert werden können. „Bei solchen Sachen kommen die Kontrolleure doch gar nicht dahinter“, ist von Lebensmittelüberwachern zu hören. Dass 2004 jede fünfte Fleischprobe hygienische Mängel aufwies, wie das Bundesamt für Verbraucherschutz jetzt mitteilte, halten Verbraucherschützer und Kontrolleure für ein Warnsignal. „Die Leute wollen immer billigeres Fleisch“, rügt ein Veterinär. Das setze die Produzenten so unter Druck, dass mancher krumme Wege gehe.

Margit Kautenburger

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false