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Ohne Sinn und Verstand. Die Täter im Fall Caravaggio haben das Gemälde, das sie in Odessa aus dem Rahmen geschnitten hatten, nicht gerollt sondern gefaltet. Entsprechend groß sind die Bruchschäden an den Faltkanten. Berlin plant im November eine große Caravaggio-Ausstellung. Foto: dpa

© dpa

Exklusiv

Umstritten: Beschlagnahmter Caravaggio wohl nicht das Original

Der spektakulär beschlagnahmte Caravaggio soll nur eine Kopie sein. Das Original hängt in Dublin.

Der „Judaskuss“ hat schwer gelitten. Das Gemälde aus dem frühen 17. Jahrhundert, das vor zwei Jahren aus dem Museum für westeuropäische und orientalische Kunst in Odessa gestohlen worden war und jetzt in Berlin sichergestellt werden konnte, ist geschnitten, weist Knickfalten auf, einige Malschichten könnten sich erhoben haben. Die Diebe haben das Bild geknickt statt gerollt. Doch eine Restaurierung hat nach Ansicht von Experten gute Chancen. Ob das Bild allerdings tatsächlich seine 100 Millionen US-Dollar wert ist, wie die ukrainischen Behörden sagen, das ist in der Fachwelt sehr umstritten. Roberto Contini, Kurator für italienische und spanische Malerei im 16. bis 18. Jahrhundert an der Berliner Gemäldegalerie, hält das Bild aus Odessa für eine zeitgenössische Kopie.

In Irland, in der National Galery of Ireland in Dublin, ist nach Meinung vieler Experten die echte, von Michelangelo Merisi, genannt Caravaggio, ins Bild gesetzte Gefangennahme Jesu zu bewundern. „Das in Odessa gestohlene Bild ist eine ganz gute Nachahmung“, ist sich Contini sicher. „Das Originalbild allerdings hängt in Dublin.“ Man müsse sich nur einmal das Bild in Dublin ansehen, „dann erkennt man, welches von Caravaggio ist“. In der römischen Caravaggio-Ausstellung, die in diesem Jahr zum 400. Todestag des Malers organisiert wurde, rekurrieren die Macher auf das Bild aus Dublin. Aber es gilt noch als Zweifelsfall.

Erst 1990 entdeckte man das Gemälde, das seit den frühen 1930er Jahren im Speisezimmer eines Jesuitenklosters in Dublin hing, wieder. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Fachwelt davon ausgegangen, dass das Bild in Odessa ein Original sei. Aufgrund von Zahlungsunterlagen aus dem Jahr 1603 hat man festgestellt, dass der „Judaskuss“ 1602 von Caravaggio gemalt worden sein muss. Das jetzt sichergestellte Bild datiert nach Einschätzung von Roberto Contini ebenfalls aus dem frühen 17. Jahrhundert, „aus den 20 bis 25 Jahren nach 1602“. Damit bleibe es „historisch gesehen ein wichtiges Stück“. Aber „die genannten Millionenwerte haben weder Hand noch Fuß“.

Contini bereitet für November eine Caravaggio-Homage in Berlin vor. Zu sehen sein sollen, so hofft Contini, drei Originale: „Amor als Sieger“, „Der ungläubige Thomas“ und „Johannes der Täufer“. Die Ausstellung, in der auch Gemälde von Caravaggio-Nachfolgern gezeigt werden sollen, wird bis Mai 2011 laufen.

Bundeskriminalamt, Bundespolizei und die ukrainischen Polizei hatten in einer gemeinsamen Operation am vergangenen Freitag das im Jahre 2008 in Odessa in der Ukraine geraubte Gemälde „Die Festnahme Christi“, auch bekannt als „Der Judaskuss“, in Berlin sichergestellt und vier Mitglieder einer internationalen Diebesbande festgenommen. Das BKA und die ukrainische Polizei hatten herausgefunden, dass an diesem Tag der Verkauf des Bildes über die Bühne gehen sollte. Die Tatverdächtigen, drei Ukrainer und ein Russe, trafen sich hierzu mit einem Kaufinteressenten. Im Anschluss an die Aktion in Berlin wurden in der Ukraine 20 weitere Mitglieder der auf den Diebstahl von Kunstwerken aus Museen spezialisierten Bande festgenommen. Bereits im Frühjahr hatte die ukrainische Polizei die deutschen Behörden darüber informiert, dass eine internationale Diebesbande den Verkauf des Caravaggio-Gemäldes in Berlin plane.

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