zum Hauptinhalt
Quallen

© dpa

Urlaub: Qual mit Quallen

Forscher prognostizieren für diesen Sommer eine große Quallen-Population - im Mittelmehr, aber auch in Ost- und Nordsee. Die meisten Arten sind für den Mensch nicht gefährlich.

Der Urlaub am Meer könnte in diesem Jahr für viele Badegäste eher unangenehm statt erholsam werden: In diesem Sommer werden nach den Prognosen von Meeresforschern Unmengen von Quallen die Badefreuden am Mittelmeer, aber auch an der Ost- und Nordsee trüben.

In der Ostsee, wo auch viele Berliner ihren Sommerurlaub verbringen, schweben derzeit wieder tausende Quallen mit weiß-rötlichen, fast durchsichtigen Schirmen durch das Wasser – und lösen bei so manchem Feriengast eine kleine Panikreaktion aus. Sehr wahrscheinlich handelt es sich dabei aber um einen typischen Quallen-Fehlalarm. „In der Ostsee treiben meist nur Ohrenquallen“, erklärt Ulrich Sommer vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-Geomar) in Kiel. Deren Nesselkapseln aber durchdringen die Haut eines Menschen nicht und können so auch kein Gift injizieren. Eine Berührung ist daher zwar unangenehm, aber ungefährlich.

Das sieht bei der Leuchtqualle schon anders aus. An langen Tentakeln sitzen Nesselkapseln, die in ein Beutetier oder einen Angreifer ein hochwirksames Nervengift injizieren können. Im Gegensatz zur Ohrenqualle durchdringt das Gift der Leuchtqualle die Haut und löst dort stechende Schmerzen aus, die etwa doppelt so intensiv wie durch das Gift der Brennnessel sind. Deshalb wird diese Art auch „Feuerqualle“ genannt. Bei Allergikern können die Leuchtquallen durch Hautkontakt sogar Lähmungen hervorrufen. Ulrich Sommer gibt aber Entwarnung für Ostsee-Urlauber: „Weil das Wasser der Ostsee zu wenig Salz enthält, kann sich die Feuerqualle dort aber nicht vermehren.“

Ganz anders ist die Situation im Mittelmeer. Dort enthält das Wasser so viel Salz, dass Feuerquallen sich hervorragend vermehren. Daher ist der Quallen-Alarm dort meist viel eher berechtigt als an der Ostsee. Und er wird anscheinend jedes Jahr häufiger ausgelöst. „Es gibt einen Trend zu wachsenden Quallenzahlen“, erklärt Ulrich Sommer. Allerdings heißt das nicht, dass jedes Jahr mehr Quallen als im Vorjahr gezählt werden. Ganz im Gegenteil schwanken die Zahlen von Jahr zu Jahr erheblich. Und da Wind und Strömungen die glibbrigen Tiere je nach Wetterlage an verschiedene Strände spülen können, gibt es keine zuverlässigen und langfristigen Prognosen über ihr Auftreten an bestimmten Küsten. Auch Studien zu den Wanderbewegungen der Quallen sind schwierig. Denn die häufig durchsichtigen Lebewesen sind auf Satellitenfotos kaum zu erkennen. Das Forschungsdefizit ist auch darauf zurückzuführen, dass Quallen aus kommerzieller Sicht wenig interessant sind: Lediglich in einigen asiatischen Regionen werden bestimmte Arten vermarktet und verzehrt.

Langfristig aber stehen die Zeichen bei den Quallen auf Wachstum, zu dem menschliche Aktivitäten offensichtlich den Anstoß gaben. Meereswissenschaftler Sommer nennt zwei Gründe, die den Weg für Quallen freimachen: Überfischung und Klimawandel. Steigen die Temperaturen, ändern sich die Lebensbedingungen für die Organismen erheblich. So entwickeln sich die Eier einiger Fischarten nur bei bestimmten Temperaturen. Wird es wärmer, bleibt unter Umständen der Nachwuchs aus. Solche Probleme können natürlich auch Quallen bekommen. Die Tiere aber haben einen entscheidenden Vorteil, weil sie sich schneller vermehren als die meisten Fische. Wer sich schneller vermehrt, kann sich auch rascher an veränderte Bedingungen anpassen.

Die Fangflotten der Welt spielen die andere Hauptrolle bei der Quallen-Vermehrung. Weil sie immer mehr Heringe und andere Fische fangen, geht die Zahl der Fische drastisch zurück, die in den Weltmeeren schwimmen. Heringe und die Larven des Kabeljaus aber ernähren sich von winzigen Krebsen und anderen Tierchen, die im Wasser schweben und die Meeresbiologen „Zooplankton“ nennen. Sind die Weltmeere also wie zur Zeit kräftig überfischt, gibt es mehr Zooplankton. Davon aber ernähren sich auch viele Quallen, erklärt Kristina Barz vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven. Überfischen die Fangflotten also die Weltmeere, füttern sie gleichzeitig die Quallen. (mit AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false