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USA: Nicht ohne meinen Colt

Waffenbesitzer machen in den USA mobil – sie pochen auf ihr Recht, in der Öffentlichkeit ihr Schießeisen zu tragen.

Strandgängern in San Francisco bot sich kürzlich ein ungewöhnliches Bild: Eine Gruppe bewaffneter Männer und Frauen war am Baker Beach ausgeschwärmt und sammelte Abfall ein. Auch bei Starbucks- Filialen in Kalifornien tauchten in den vergangenen Wochen Kunden auf und orderten Milchkaffee oder Espresso – mit einem Schießeisen am Hosenbund. Die sogenannten „Open carry“-Aktivisten pochen damit auf ihr Recht, in der Öffentlichkeit Waffen zu tragen. Ein Recht, das ihnen 43 US-Bundesstaaten einräumen, in 29 darf die Waffe sogar geladen sein.

Kalifornien gehört zwar zu den 13 Bundesstaaten, die geladene Waffen nur in unbewohnten Regionen erlauben. Doch seit Februar sind, wenn die Munition separat aufbewahrt wird, Waffen in Nationalparks erlaubt – und dazu gehört eben auch der Baker Beach.

In den Starbucks-Cafés verzieht die Bedienung keine Miene, wenn ein Waffenträger auftaucht. Denn es ist Konzernpolitik. Zwar könnte auch Starbucks wie andere Läden, Cafés oder Fast-Food-Ketten seine Filialen off limits für die Waffenträger erklären – selbst in den Bundesstaaten, die als „open carry states“ gelten. Es ist das gleiche Recht, nach dem ein Geschäft entscheidet, ob es Kunden, die barfuß oder in Badehose kommen, bedient. Doch man befolge nur lokale Gesetze, verteidigt ein Sprecher die Firmenstrategie. Starbucks zieht sich damit den Ärger der Brady Campaign zu, einer Gruppe, die für strengere Waffengesetze eintritt. Sie hat eine Aktion gestartet, um Starbucks dazu zu bringen, ihre Cafés ebenfalls zur waffenfreien Zone zu erklären. Mehr als 30 000 Unterschriften wurden bereits gesammelt.

Während dieser Streit in Kalifornien köchelt, verhandelt der Oberste Gerichtshof der USA derzeit über eine Klage gegen die Stadt Chicago. Vor 28 Jahren hatte die Stadt den Waffenbesitz verboten, um die hohe Mordrate in Griff zu bekommen. Doch vier Chicagoer Bürger klagten und argumentieren, dass dies ihr in der Verfassung garantiertes Recht verletze. Sie könnten durchaus recht bekommen. Denn vor zwei Jahren kippte der Supreme Court ein in der Bundeshauptstadt bestehendes Waffenbesitzverbot. Dieses Urteil blieb auf Washington beschränkt, da die Hauptstadt rechtlich gesehen Bundesterritorium ist. Obsiegen jedoch die Chicagoer Kläger, hätte dies für das gesamte Land Gültigkeit.

Auch in anderen Bundesstaaten wurden bereits die Gesetze gelockert. Waffen dürfen in Virginia nun selbst in Bars und Restaurants mit Alkoholausschank getragen werden. Ein 17 Jahre altes Verbot, das den Kauf von mehr als einer Waffe im Monat untersagt, hat dort gute Chancen, aufgehoben zu werden.

Dass die Waffennarren Oberwasser haben, zeigt auch die steigende Nachfrage. 2009 wurden 14 Millionen US-Bürger vor einem Waffenkauf überprüft, 2008 waren es 12,7 Millionen und ein Jahr zuvor nur 11,2 Millionen. Schätzungsweise 270 Millionen Schusswaffen finden sich in 60 Millionen US-Haushalten. Mit angespornt hat diesen Trend die Propaganda der National Rifle Association. Seit dem Wahlsieg der Demokraten warnt die Waffenbesitzer-Lobby, Präsident Obama werde die Waffengesetze verschärfen. Waffengegner beklagen hingegen, dass Obama bislang nicht einmal ein rechtliches Schlupfloch gestopft habe, nach dem Händler ohne Lizenz auf Waffenschauen ihrem Geschäft nachgehen können. Auch seien Bundesstaaten weiterhin nicht verpflichtet, Daten über den Einsatz von Schusswaffen bei Verbrechen zu veröffentlichen.

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