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Vatikan: "Rom-Rebell" Hans Küng bei Papst Benedikt XVI.

Papst Benedikt XVI. setzt auf Versöhnung: Er empfing am Samstag überraschend Hans Küng, einen der schärfsten Kritiker des Vatikans. Ein Glaubens-Disput sei aber nicht geführt worden, hieß es aus dem Vatikan.

Rom (26.09.2005, 17:19 Uhr) - Das Treffen hatte bereits letzten Samstag stattgefunden: Joseph Ratzinger (78) empfing den in Tübingen lebenden Schweizer Theologen Hans Küng (77), dem Rom vor mehr als Vierteljahrhundert wegen theologischer Abweichungen die kirchliche Lehrerlaubnis entzogen hatte. Das Gespräch sei «in freundschaftlicher Atmosphäre» verlaufen, allerdings habe man keinerlei Glaubensfragen angesprochen, sagte Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls am Montag in Rom.

Von Küng war zunächst keine eigene Stellungnahme zu bekommen, sein Sekretariat übermittelte lediglich die vatikanische Presseerklärung. «Beide Seiten waren sich einig, dass es nicht sinnvoll sei, im Rahmen dieser Begegnung in einen Disput über die Lehrfragen einzutreten, die zwischen Hans Küng und dem Lehramt der katholischen Kirche bestehen», sagte Navarro-Valls.

Der Vatikansprecher betonte auch den persönlichen Charakter der Begegnung. Beide kennen sich bereits aus der Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) und arbeiteten in Tübingen eine Zeit lang gemeinsam als Dogmatik-Professoren.

Küng war von Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. am 18. Dezember 1979 die Lehrerlaubnis entzogen worden. Küng hat in seinen Publikationen unter anderem die von der Kirche zum Dogma erhobene Unfehlbarkeit des Papstes in Glaubens- und Sittenfragen kritisiert. Später wandte er sich gegen einen römischen Zentralismus etwa bei Bischofsernennungen oder das Zölibat. Seine Bücher wurden Bestseller, etwa «Unfehlbar? Eine Anfrage», «Wozu Priester?» oder «Freiheit des Christen» sowie «Existiert Gott?». Er war auch ein scharfer Gegner der Positionen von Papst Johannes Paul II., der ihm 1979 die Im April bezeichnete er die Wahl Joseph Ratzingers (78) zum Papst als «Riesenenttäuschung» für alle Reformorientierten.

Im Vorfeld des 75. Geburtstags hatten nicht nur innerkirchliche Reformkräfte eine Rehabilitierung Küngs gefordert. Sogar der römische Kurienkardinal Walter Kasper sprach sich 2003 für eine «Versöhnung» zwischen dem Vatikan und Küng aus. Auf dem Katholikentag in Ulm 2004 diskutierte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann mit seinem Duzfreund Küng über die Zukunft der Kirche - und tausende Kirchentagsbesucher applaudierten.

Benedikt XVI. und Küng hätten eine «freundschaftliche» theologische Diskussion geführt, sagte Navarro-Valls. Das Gespräch habe sich auf Küngs Bemühungen um ein «Weltethos» konzentriert. Weiteres Thema sei der Dialog zwischen Naturwissenschaften und Glaubens gewesen.

Küng habe gesagt, bei seinem Projekt «Weltethos» gehe es nicht um eine abstrakte intellektuelle Konstruktion, sondern um gemeinsame moralische Werte der großen Weltreligionen. Der Papst habe das Bemühen gewürdigt. «Der Einsatz für ein erneuertes Bewusstsein der das menschliche Leben tragenden Werte» sei auch «ein wesentliches Anliegen seines Pontifikates», fügte der deutsche Papst hinzu.

Das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche lobte auch das Bemühen Küngs, «die Gottesfrage dem naturwissenschaftlichen Denken gegenüber in ihrer Vernünftigkeit und Notwendigkeit zur Geltung zu bringen».

Küng seinerseits habe seine Zustimmung zu dem Mühen des Papstes um den Dialog der Religionen wie um die Begegnung mit den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen der modernen Welt ausgedrückt. Über eine mögliche Rehabilitierung Küngs oder eine Fortsetzung des Dialogs wurden vom Vatikan keine Angaben gemacht. (tso/dpa)

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