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Vorwürfe gegen Medien. Benedikt XVI. am Mittwoch auf dem Petersplatz.

© REUTERS

"Vatileaks": Jetzt spricht der Papst

Benedikt XVI. äußerte sich vor zehntausenden Pilgern auf dem Petersplatz erstmals zu der Vatikan-Affäre. Er erhebt Vorwürfe gegenüber den Medien, ist über den Verrat selber aber auch "betrübt" und "traurig".

Papst Benedikt XVI. hat sich erstmals öffentlich zur Vatikan-Affäre um die Weitergabe vertraulicher Dokumente geäußert und einem Teil der Medien Übertreibung vorgeworfen. „Bestimmte Medien“ hätten „willkürliche Annahmen“ verbreitet und verstärkt, „die über die Tatsachen hinausgegangen sind“, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche nach der Generalaudienz auf dem Petersplatz am Mittwoch. Dadurch sei ein Bild des Vatikans gezeichnet worden, „das nicht der Wirklichkeit entspricht“. Die jüngsten Ereignisse erfüllten sein „Herz mit Traurigkeit“, sagte Benedikt XVI. weiter. „Ich möchte mein Vertrauen und meine Ermunterung gegenüber meinen engsten Mitarbeitern erneuern.“

In dem „Vatileaks“ genannten Skandal sind seit Januar hunderte vertraulicher Dokumente an die italienische Presse gelangt, in denen es unter anderem um Korruptionsvorwürfe geht. Vergangene Woche war der päpstliche Kammerdiener Paolo Gabriele wegen der Affäre festgenommen worden. Er war einer der engsten Vertrauten Benedikts. Er steht unter dem Verdacht, eine der undichten Stellen im Kirchenstaat zu sein. Italienische Zeitungen spekulieren jedoch, dass auch Kardinäle hinter den Veröffentlichungen stehen könnten.

Vatikansprecher Federico Lombardi wies am Mittwoch in einer Pressekonferenz Spekulationen zurück, die Affäre könnte gezielt von Vertretern der Kirche losgetreten worden sein, um eine „Läuterung“ im Vatikan zu erreichen. Es gehe hier nicht um interne „Kämpfe“ in der Kirche oder gar ein „Komplott“, sagte er.

Lombardi schloss auch aus, dass die Affäre letztlich zum Rücktritt des Papstes führen könnte. „Diejenigen, die das in Italien sagen, haben das schon früher gesagt. Diese Vision entspricht nicht der Haltung der Kirche und der römischen Kurie.“

Der vatikanische Innenminister Erzbischof Angelo Becciu wies in der Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ Behauptungen zurück, nach denen die Veröffentlichung vertraulicher Papst-Dokumente zu Transparenz und Reformen in der Kirche führen könne. Deutungen, auf diese Weise zur Reinigung der Kirche beizutragen, bezeichnete der Erzbischof als „Trugschlüsse“. Es könne keine Erneuerung geben, wenn dabei die Moral „mit Füßen getreten“ werde. Stehlen oder Diebesgut anderer anzunehmen sei verwerflich; kein Zweck könne diese Mittel heiligen.

Der Erzbischof betonte, viele der veröffentlichten Dokumente zeugten nicht von Kämpfen oder Racheakten, sondern zeigten „die Freiheit des Denkens, die die Kirche laut den Vorwürfen nicht erlaubt“. Becciu wörtlich: „Wir sind keine Mumien.“ Innerhalb der Kurie seien verschiedene Ansichten normal. Zugleich bedauerte der Erzbischof, dass die Öffentlichkeit vom Vatikan ein verzerrtes Bild habe. In vielen Artikeln, die sich den Inhalten der vertraulichen Vatikandokumente widmeten, entdecke er eine „grundlegende Scheinheiligkeit“. Erst kritisiere man, dass die katholischen Kirche monarchisch sei, dann empöre man sich, wenn einige ihrer Vertreter dem Papst schrieben und eben dies auch hinterfragten.

Der Papst sei „betrübt“ darüber, dass jemand, der ihm nahe stehe, verantwortlich für unentschuldbares Verhalten zu sein scheine, sagte Becciu. Sicherlich überwiege bei Benedikt XVI. das Mitleid für Gabriele, aber das Erlittene bleibe „brutal“. AFP/KNA

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