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Neues Geld. Die Weißrussen müssen sich wieder an Münzen gewöhnen.

© AFP

Währungsreform in Weißrussland: Ein Land verliert seine Millionäre

Seit Freitag können die Weißrussen keine Millionenbeträge mehr abheben. Eine Währungsreform streicht dem Rubel vier Nullen - die neuen Scheine und Münzen sollen dem Land ein größeres Wirtschaftswachstum bescheren.

Am Donnerstag waren die Schlangen vor den Bankomaten zwischen Brest und Orscha besonders lang. Jeder Weißrusse wollte noch einmal Millionenbeträge abheben. Es war der letzte Tag vor der Einführung des neuen Weißrussischen Rubels, der vier Nullen weniger haben wird. Viele Bürger des von Staatspräsident Aleksander Lukaschenko seit 22 Jahren autokratisch regierten Landes hatten auch schlichtweg Angst vor technischen Pannen bei der Währungsreform.

Auf den Plakaten bei den Banken und den Wechselstellen sieht alles schön aus. Der bisher größte Geldschein über 200 000 alte Weißrussische Rubel, der „große Grüne“, wird neu durch eine braune Zwanzig-Rubelnote ersetzt. Dazu kommen wertvollere Geldscheine mit je 50, 100, 200 und gar 500 Rubel. Letzterer Schein entspricht nach alter Währung einem Wert von 5 Millionen, das ist immerhin der Monatsverdienst eines guten Facharbeiters. Die neue 500-Rubelnote ziert die klobige Minsker Nationalbibliothek. Auch dort haben bisher alle Angestellten von der Putzfrau bis zur Direktion monatlich Millionenlöhne erhalten. Damit ist es nun zu Ende. Die Weißrussen müssen sich stattdessen wieder an Münzen im Geldbeutel gewöhnen. „Das ist doch völlig unpraktisch“, klagt Igor. „Da werde ich mir wieder einen Geldbeutel kaufen müssen“. Wie viele hatte der Informatiker nur noch ein kleines Etui für die Geldscheine mit sich herumgetragen.

Ästheten erkennen dennoch einen Vorteil. So gilt ab heute statt der grau-braunen 20 000 Rubelnote eine deutlich der Zwei-Euro-Münze nachempfundene gold-silberne Zwei-Rubel-Münze. Damit die Weißrussen indes nicht vergessen, wo sie leben, prangt auf der einen Seite das alte sowjetische Wappen der 1991 unabhängig gewordenen Sowjetrepublik.

Die Rubelkrise in Russland, der Zerfall des Erdölpreises und die westlichen Sanktionen infolge der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim haben Lukaschenkos Wirtschaft ins Schlingern gebracht. Moskau will sich eine Subventionierung Weißrusslands nicht mehr leisten. 2015 schrumpfte die Wirtschaft um 3,9 Prozent. Der Weißrussische Rubel schlitterte von einer Währungskrise in die nächste, die Bürger fliehen in Devisen. Die Währungsreform soll diese Negativspirale stoppen. Doch Experten geben der Einführung neuer Banknoten keine große Chance. Was Weißrussland fehle, seien Strukturreformen, Steuererleichterungen für die wenigen Privatunternehmer und eine Demokratisierung.

Den weißrussischen Millionären geht es allerdings nicht sofort an den Kragen. Bis Ende des Jahres bleiben beide Rubel im Umlauf. Nur die Löhne werden ab 1. Juli in den neuen Scheinen und Münzen ausbezahlt.

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