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Panorama: Weiße Musik für Afrika

Bob Geldof wird wegen der Auswahl der Künstler für seine Live-8-Konzerte kritisiert

Berlin - Es soll Afrika ohne Afrikaner helfen – und das kommt nicht gut an. An sieben Orten finden am 2. Juli Live-8- Konzerte statt: Zeitgleich am Rande des G-8- Gipfels, der am 6. Juli in Großbritannien beginnt. Zwanzig Jahre nach dem ersten Live Aid geht es diesmal nicht um Geld sondern um politischen Druck. Rockveteran und Live-Aid-Initiator Bob Geldof will die öffentliche Aufmerksamkeit auf Afrikas Probleme lenken, vor allem die Armut. Damit soll eine großzügigere Hilfe der acht wichtigsten Industrienationen für Afrika erreicht werden.

Um das eigentliche Thema geht es bisher aber nicht. Vielmehr verursacht das Staraufgebot Ärger. Denn afrikanische Musiker kommen darin kaum vor. Seit der Vorstellung seiner Pläne muss Organisator Bob Geldof mit der Kritik von Entwicklungshelfern und Musikkritikern zurechtkommen. Denn Geldof hat fast ausschließlich „weiße Bands“ zu den simultan in Berlin, London, Rom, Paris, Philadelphia, Ottawa und Tokio stattfindenden Live-8- Konzerten eingeladen. Nur ein afrikanischer Künstler tritt bei den kostenlosen Konzerten auf, und zwar der Sänger Youssou N’ Dour aus Senegal. Er singt in Paris. Geldof mache sich für Gerechtigkeit für Afrika stark. Allerdings sei bei der Auswahl der Bands davon nichts zu merken, kritisierte Ian Ashbridge von der Plattenfirma „Wrasse Records“, die zahlreiche afrikanische Künstler unter Vertrag hat.

Bob Geldof wehrt sich. Es handele sich „nicht um ein kulturelles, sondern um ein politisches Event“. Kreativität sei diesmal nicht das Ausschlaggebende gewesen – sondern Erfolg. Außerdem hörten doch auch die Afrikaner kaum Musik von einheimischen Künstlern, sondern ebenfalls westliche Popmusik. Das Line-up am 2. Juli soll dem Original von 1985 in nichts nachstehen. Auf der Benefiz-Gala soll das „Who is Who“ der Pop- und Rockgeschichte auftreten, sagt Geldof. Er verkaufte selbst mit seiner Band 15 Millionen Alben. Bei Live 8 gehe es darum, Menschen anzulocken. Und wie könnte das besser funktionieren als mit den weltweit prominentesten Musikern? Deshalb sind im Programm auch – zwar nicht afrikanische – aber erfolgreiche „schwarze“ Sänger mit dabei: Mariah Carey in London, Will Smith in Philadelphia, Craig David in Paris oder Lauryn Hill in Berlin.

Das besänftigt die Kritiker jedoch nicht. Zumal es in Afrika an prominenten Künstlern nicht mangelt. Zwar ist der in Paris auftretende Youssou N’Dour ein Ausnahmekünstler. Dank seines Duetts mit Neneh Cherry „7 Seconds“ ist er 1994 zum Weltstar avanciert. Angelique Kidjo aus Benin, Rokia Traore aus Mali oder Papa Wemba aus Kongo sind aber auch nicht unbekannt. Vor allem Kongo verfügt über eine lebendige Musikszene.

In Afrika hat die Kontroverse bisher wenig Interesse gefunden. Kaum jemand regt sich dort über die weißen Musiker bei Live 8 auf. Weiße spielen für Weiße – na und?

Adrien Gindre

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