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Panorama: Bloß keine Streberin sein

Bildungspolitikerin Sybille Volkholz strengte sichnichtübermäßigan und kam trotzdem durch

„Ein guter Gaul springt nie höher als die Hürde“: Dieser Spruch begleitete mich durch die gesamte Schulzeit. Heute würde ich damit wohl nicht mehr erfolgreich durchkommen.

Als jüngste von drei Schwestern hatte ich bei meiner Einschulung feste Vorstellungen davon, was ich von der Schule erwartete. Die Hausaufgaben meiner Schwestern hatten mich überzeugt, dass ich in diese Schule genau zwei Jahre gehen wollte, um Schreiben, Lesen und Rechnen zu lernen. Den Rest wollte ich mir selbst aus Büchern erarbeiten.

Meine damalige Grundschullehrerin gab mir reichlich Gelegenheit, Unterrichtszeiten außerhalb des Schulgebäudes zu verbringen, zum Beispiel dadurch, dass ich während der Schulzeit für sie häufig Botengänge erledigte und andere Besorgungen machte. So gestaltete ich meine Grundschulzeit recht eigenwillig und wurde von meiner Lehrerin sehr nachsichtig behandelt. Mein Schulleben schlug sich nicht in schlechten Noten nieder, meine Eltern waren der Meinung, ich sei eine gute Schülerin.

Da meine Eltern einen strengen Gleichbehandlungsgrundsatz pflegten, kam ich auf dasselbe Gymnasium wie meine Schwestern – auch wenn meine Grundschullehrerin durchblicken ließ, dass ich dann aber meine Arbeitshaltung verändern müsste.

Der Start ließ sich noch gut an, in einer Klasse mit 46 Schülern fielen die einzelnen nicht zu sehr auf. Meine weitere Schulkarriere wurde dadurch beeinflusst, dass ich immer mit meinen Schwestern verglichen wurde. Also musste ich mir viel einfallen lassen, um eigenes Profil zu zeigen, was nicht immer leistungsförderlich war.

Bleibende Effekte für mein Lehrerbild hinterließ in positiver Hinsicht eine sehr geduldige Mathematiklehrerin, die zu verhindern wusste, dass ich bei Schwierigkeiten zu schnell aufgab. Wenn ich trotzig einen leeren Zettel abgeben wollte, weil ich die Aufgabe nicht verstanden hatte, verweigerte sie die Annahme und ließ mich vor dem leeren Blatt sitzen, bis ich die Aufgaben dann schließlich doch löste.

Mit der beginnenden Pubertät war meine größte Sorge, als Streberin gelten zu können. Deshalb tat ich vorsichtshalber gar nichts, was sich in meinen Fleißnoten widerspiegelte. Einem Teil meiner Lehrer verdanke ich ganz sicher, dass sie Leistungsanforderungen mit Nachsicht gegenüber meinen Pubertätserscheinungen verbanden.

Als negatives Beispiel wirkte mein zweiter Lateinlehrer, der mich von seiner ersten Unterrichtsstunde in meiner Klasse sofort als allenfalls ausreichend einstufte, wobei ich doch vorher in diesem Fach gut war. Ab sofort stand ich bei diesem Lehrer auch ausreichend, sah ich doch nicht ein, warum ich gegen ein solches negatives Vorurteil ankämpfen sollte. Ich hoffe, dass ich später, als ich selbst Lehrerin war, einen solchen Fehler bei meinen Schülern nicht gemacht habe.

Eigentlich haben mich nur die außerschulischen Ereignisse interessiert: Auftritte mit dem Schulchor in der Oper, Konzerte, die Foto-AG. Der Unterricht wurde mitgenommen, weil selbstverständlich war, dass ich das Abitur machen würde. Wirkliche Herausforderungen, die Ehrgeiz und Leistungsbereitschaft weckten, habe ich erst später gefunden.

Sybille Volkholz (61) war bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, dem sie von 1991 bis 1999 angehörte. Von März 1989 bis November 1990 war sie Schulsenatorin. Seit 2000 betreut sie das Projekt „Partnerschaft Schule – Betrieb“ der Industrie- und Handelskammer.

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