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© Thilo Rückeis / Tagesspiegel

Panorama: Göttin der Gästeliste

Katja Bittner war gerade mal 25 Jahre alt, als sie Chefin der Popkomm wurde. In die Mensa muss sie nicht mehr, heute kann sie feiern – will aber ans Meer

Katja Bittner wird brav umsorgt. Als hätten sich die beiden Kolleginnen abgesprochen, hetzen sie zur Popkomm-Chefin, die eine links vom orangenen Sofa, die andere rechts. Eine drückt ihr einen heißen Tee in die Hand, die andere eine Suppe. Eine Erkältung hat Katja Bittner, 29, erwischt, ausgerechnet jetzt zum Start der bunten Musikmesse. Verschnupft sitzt sie abseits vom ganzen Trubel.

„Ach, mir geht’s trotzdem gut“, sagt sie. „Alles ist reibungslos verlaufen und es sieht super aus.“ Bittner trägt eine Jeans, darüber ein türkisgrünes Kleid, darunter verbirgt sie einen kleinen Bauch. Die 29-Jährige ist nämlich schwanger. „Dadurch habe ich eine Grundentspanntheit“, sagt sie. „Ich fühle mich nicht so gestresst.“ Grund dazu hätte sie genug: In den Messehallen tummeln sich 15 000 Fachleute, abends steht an so ziemlicher Straßenecke der Stadt eine Popkomm-Party an. Wie bleibt man in so jungen Jahren mit so viel Stress so unfassbar gelassen?

Vor drei Jahren war das noch anders. Als sie 2004 den Posten als Popkomm- Chefin annahm hatte sie „einige unruhige Nächte“, erinnert sie sich. Nach drei Monaten hatte sie einen Hörsturz. Mit gerade mal 25 Jahren – wenn die meisten sich ja noch durch die Mensa und Hörsäle kämpfen – übernahm sie eine Messe, die in Köln kurz vor dem Ruin stand. Heute geht’s der Popkomm gut, sie findet in Berlin statt, und das liegt an ihr, an Katja Bittner.

„Am Anfang wurde ich unterschätzt“, sagt sie, das waren die üblichen Sprüche: „Wer is’n die?“ – „Die ist ja noch ein junges Küken, oder?“ Vorbei. Katja Bittner ist zierlich, kann aber hart anpacken. Privat geht sie gern mal im Baumarkt shoppen, greift zum Spaten im Blumenbeet und schraubt Schränke zusammen. „Ein geiler Kontrast zur Messearbeit, weil ich hier das Ergebnis sofort sehe“, sagt sie.

Tagsüber das knallharte Business, am Abend die dicken Partys in den Clubs. Früher war Katja Bittner Musiklaie. „Ich fand gut, was mir die Radiosender so vorgedudelt haben“, sagt sie. „Mittlerweile erkenne ich Qualität.“ Sie mag Erykah Badu, Nelly Furtado, aber auch die Rocker von Rammstein. Und Indie-Rock.

Bittner ist jung, wohnt in Berlin, ja, man muss es kaum erwähnen: Aber auch sie lebt mit ihrem Freund in Prenzlauer Berg. Sie reist viel, nicht nur beruflich, und dennoch will sie an keinem anderen Ort leben als Berlin. „Die Stadt ist vielseitig und voller Leben. Die Leute sind entspannter als anderswo“, schwärmt sie. Nach einer kurzen Denkpause findet sie aber doch einen Makel. „Nur das Meer fehlt.“ Die Tochter einer ukrainischen Mutter und eines deutschen Vaters kam als Sechsjährige aus der Ukraine in die damalige DDR, zog also in den Prenzlauer Berg. Ein optimales Viertel, um eine Familie zu gründen, sagt sie: „Der Bezirk ist ein einziger Kinderspielplatz.“

Der Tee ist leer, die Suppe kalt, Bittner winkt und grüßt, manchen drückt sie ein Küsschen links und eines rechts auf die Wange. Dann muss sie weiter. Erst danach kann sie sich im Urlaub entspannen, sie will auf die Kanaren. Immerhin: Sie ist dann am Meer.

Matthias Jekosch

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