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Nicht lecker. Constanze tut sich schwer, mit der amerikanischen Esskultur.

© privat

Kolumne: Was machen wir jetzt?: Käse grillen

Bist du ein American Lifestyler? Das fragte Björn Stephan letztes Mal. Unsere Kolumnistin antwortet ihm heute.

Jetzt bin ich schon zwei Monate in Los Angeles und so richtig will mir der American Lifestyle nicht einleuchten. Vielleicht liegt es daran, dass ich noch nicht dahintergekommen bin, was amerikanische Kultur sein soll. Ich meine nicht riesige Truthähne zu Thanksgiving, unterirdisch kitschige Weihnachtspullover mit winkenden Schneemännern und psychedelischen Rentieren oder das obligatorische Schießeisen in jedem guten Haushalt. Ich meine Kultur im Sinne von über Jahrhunderte hinweg kultivierten Riten, die ein Land eben ausmachen.

Es beginnt alles damit, dass es kein typisch amerikanisches Essen gibt, so wie es keine „Amerikaner“ gibt. Bestes Beispiel ist mein hiesiger Freundeskreis: Mein Freund ist schweizerischer Abstammung, eine Freundin Japanerin, aber hier geboren und ein dritter hat italienische Wurzeln, aber auch deutsche und französische. Sprechen kann er keine der in seinen Genen verankerten Sprachen und die Geschichte seiner Länder kennt er auch nicht, aber stolz ist er trotzdem. Weil Stolz eben das Wichtigste ist.

Ich verhalte mich offenbar sehr deutsch in diesem Land der unbegrenzten Fast-Food-Ketten und Starbucks-Drive-Throughs. Wenn ich einkaufen gehe, nehme ich die erstbeste Parklücke und laufe die 200 Meter zum Eingang. Amerikaner fahren direkt vor und warten so lange in ihren Autos, bis ein Parkplatz in der ersten Reihe frei wird. Im Restaurant bin ich verwirrt, wenn ich einen English Muffin bestelle und nichts weiter bekomme als zwei runde Toast, die so weit entfernt von einem Muffin sind wie ich von zu Hause.

Vielleicht fühlen sich Amerikaner weltgewandter, wenn sie ihren Lebensmitteln europäische Namen geben. So wie French Toast. Nichts weiter als ein armer Ritter und wahrscheinlich so französisch wie ein Amerikaner mit französischen Vorfahren. Genauso wenig wie an Speisekarten kann ich mich an den Käse gewöhnen, der eigentlich gar kein Käse ist, sondern gelbes Plastik in quadratischer Form. Will ich Brie oder Emmentaler, muss ich in der Deli-Abteilung suchen und einen Kredit aufnehmen.

Trotz aller kulturellen Schranken habe ich mich teilweise angepasst. Für Freunde „koche“ ich Grilled Cheese: Ich werfe Brot in eine Pfanne und quadratischen Käse obendrauf, verkaufe es als Kochen und alle finden’s lecker. Verwende ich dann doch mal frische Zutaten, heißt es: „Look at these fancy Germans.“

Bist du ein Hochstapler, Björn?
Nächstes Mal schreibt an dieser Stelle Björn Stephan.

Constanze Bilogan

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