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© dpa

Liebeskummer: Herzilein, du darfst nicht traurig sein

Laura, 21, hat gerade zwei Trennungen hinter sich – wie so viele Promis in diesen Tagen. Warum der Kummer jetzt besonders schwer ist und wie man ihm entgehen kann.

Der Regen prasselt gegen die Fenster, der Fernseher spiegelt sich darin und um das Bett liegen Pizzaschachteln, leere Zigarettenpackungen, Süßigkeiten, ausgelöffelte Häagen-Dazs-Eis-Kartons und allherand Mädchenmagazine. Es riecht nach kaltem Rauch und Gummibärchen, im TV läuft gerade ein Bericht über Popstars und dann die Simpsons. Seit Tagen war Laura, 21, nicht mehr außer Haus. Auf die Uni, ihr Germanistikstudium hat sie gerade keinen Bock und auch keinen Nerv. Der Herbstblues hat sie voll erwischt. „Im Moment weiß ich nicht genau, ob ich depressiv bin oder ob das einfach wegen dieser Jahreszeit ist!“

Laura war am vorigen Wochenende im „Weekend“-Club am Alexanderplatz feiern, um sich abzulenken: Das Neonlicht, die Stroboskope, der Nebel, die Drinks, die Jungs – all das konnte sie nicht wirklich ablenken. Nicht von ihrem Liebeskummer. Lauras Situation ist ziemlich festgefahren: Im Oktober machte sie mit ihrem Freund Schluss: „Ich habe ihn einfach nicht mehr geliebt. Wir waren kurz davor zusammenzuziehen und wollten uns etwas aufbauen, aber ich habe gemerkt, dass die erste Liebe nicht zum Erwachsenwerden reicht,“ sagt sie mit leicht gesenktem Kopf. Die Trennung war auch für sie alles andere als leicht: „Plötzlich stehst du alleine da und musst dich wieder daran gewöhnen, wie so ein Singleleben funktioniert. Alleine im Bett zu liegen macht einfach nur halb so viel Spaß. Trotzdem bin ich froh, dass er weg ist.“ Vier Jahre waren Laura und ihr gleichaltriger Freund, der ebenfalls in Berlin studiert, zusammen. Das waren vier intensive Jahre: Sie haben zusammen Abi gemacht, haben sich bei den Umzügen weg von den Eltern geholfen, haben gemeinsam überlegt, was sie studieren könnten: So startet ein gemeinsames Leben.

Doch Laura sitzt nicht nur deshalb so traurig und ketterauchend auf dem Bett: Vor vier Wochen war sie zum ersten Mal nach der Trennung wieder aus – auf einer WG-Party in Friedrichshain, wo auch ihr Exfreund ein paar Drinks gegen den Kummer kippte. Und da war auch der andere: Lars (wir nennen ihn mal so) ist einer der besten Freunde ihres Exfreundes und ein Freund von ihr. Zwischen den beiden funkte es schon viel früher: Lars machte ihr Komplimente, sie trafen sich ab und zu in einem Café und sprachen stundenlang über das Leben. Wäre sie nicht mit ihrem Ex zusammengewesen, wäre sie es vielleicht mit Lars?

In den letzten Wochen begann sie mit ihm eine Affäre – zwar zaghaft, aber etwas Eindeutiges. „Wir haben uns auf der Party wiedergesehen, aber diesmal kribbelte es einfach nur.“ Und dann begann das Spiel: Ihr Ex durfte nichts wissen, sie mussten sich heimlich treffen, doch Lars bekam mehr und mehr Gewissensbisse. „Er konnte das nicht mit sich vereinbaren“, sagt Laura, fährt sich dabei durch ihre langen, braunen Haare, ihre grünen Augen funkeln im Kerzenlicht. Vorletzte Woche ging das Kapitel Lars zu Ende. „Er zeigte keine Initiative, machte nur wenig und bekam sofort ein schlechtes Gewissen – warum hörte er nicht einfach auf unser Gefühl?“

Laura hat seitdem schweren Liebeskummer. Am Wochenende im Weekend-Club war ihre Feierlaune mehr als getrübt und auch für die Jungs hatte sie kein Auge.

„Ich würde gerne wissen, warum in Liebessachen immer alles so kompliziert sein muss. Und dann noch dieser Herbst: Ich hatte schon so oft Liebeskummer in dieser Jahreszeit“, sagt Laura und schaut in die Glotze.

Im Herbst ist man besonders empfänglich für traurige Gefühle. In dieser Jahreszeit – man muss sich nur einmal in seinem Freundeskreis umschauen – haben viele diesen typischen Herbstblues. Und viele trennen sich eben auch. Laura versucht, dafür eine Erklärung zu finden: „Am Ende des Jahres gibt es wohl immer eine Art Torschlusspanik: Wenn etwas nicht funktioniert, dann will man es auch nicht unbedingt ins neue Jahr mitrüber nehmen, also machen viele Klarschiff – wie auch ich.“ Ist das wirklich so einfach? Liebeskummer ist nie schön, aber gerade während der kalten, verregneten Tage ist es besonders hart, wenn man abends im Dunkeln alleine im Bett liegt und sich mit dem schlechten Fernsehprogramm begnügen muss, anstatt zu kuscheln, oder wenn man alleine zu den Eltern an Weihnachten fährt. Oder wenn man Silvester um Mitternacht keinen Kuss von seiner Liebe bekommt. „Ich bereue meine Entscheidung nicht, aber mir geht es gerade nicht viel besser. Und das liegt am Herbst.“ Was kann man dagegen machen? Elena Senft schreibt heute in ihrer Kolumne über Dates – und sie gibt einen guten Tipp: Im Sommer lässt es sich leichter flirten, man ist schlanker, man sieht frischer aus und man lächelt mehr. „Ich werde wohl auch bis zum Frühjahr warten müssen, denn im Moment ist weit und breit keiner zu sehen.“ Der Herbstschmerz ist übel, aber verkriechen sollte man sich unter keinen Umständen: Vielleicht wartet ja die Ablenkung heute Nacht im Club, auf dem Weihnachtsmarkt oder bei einer Weihnachtsfeier? Im Bett verliebt man sich nicht – außer in Filmstars von der DVD.

Für Laura soll jetzt auch Schluss mit dem Rumhängen sein: „Die Typen und der Herbst sollen mich nicht klein kriegen“, sagte sie am Telefon Tage nach unserem Treffen. Sie will Lars vergessen, endlich die Trennung von dem Exfreund zu den Ex-Akten legen und dann zur Ablenkung verreisen: Mit ihrer besten Freundin will sie nach Weihnachten für ein paar Tage auf die Kanaren fliegen. „Um Jungs kennen zu lernen“, sagt sie lachend.

Nur ihre Eltern haben sie noch mal etwas melancholisch gestimmt, als sie fragten: „Wann kommt ihr denn dieses Jahr an?“ Ihre Antwort: „Ich komme alleine.“

Ric Graf

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