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Medien: "Guten Abend, meine Damen und Herren"

Bruno Labbadia brachte es auf den Punkt: "Das wird alles von den Medien hochsterilisiert!" Die Medien machen viel falsch - aber ohne sie geht gar nichts.

Sind Medien für uns etwas Gutes oder Schlechtes? Könnten wir überhaupt noch ohne sie leben? Sendungen wie "Deutschland sucht den Superstar" können Menschen kaputt machen. Auf der anderen Seite verbinden Medien auch, weil man sich über sie unterhält wie viele Mädchen über "Germany's Next Top Model".

Manche von uns in der Unter-18-Konferenz sind der Meinung, dass man auch ohne Internet auskommen, Informationen für die Schule in der Bücherei bekommen und Zeitung lesen kann. Andere finden, dass man auf das Internet angewiesen ist: für Hausaufgaben, Referate und Klausuren. Viele in unserem Alter lesen sogar im Netz mehr Nachrichten als in der Zeitung. Manche Informationen, zum Beispiel aus dem Iran oder China, würden ohne Internet und Handys gar nicht erst an die Öffentlichkeit kommen.

Wir haben viele negative Aspekte an den Medien gefunden, am Ende aber auch Positives, wie das Public Viewing beim Fussballschauen oder zum "Tatort"-Gucken in der Kneipe. Schließlich ist uns aufgefallen, wie nervig die Privatsender im Radio oft mit ihrer Werbung und sich wiederholenden Songs sind. Roberta hat den Selbstversuch gemacht: eine Stunde Dauerbeschallung - wie fühlt man sich danach?
Undine Weimar-Dittmar, 17 Jahre

Es geschah in der Kneipe

Als ich um 20 Uhr in die kleine, unscheinbare Eckkneipe komme, ist sie schon bis fast auf den letzten Stuhl besetzt. Neugierige Blicke empfangen mich, anscheinend kennen sich hier alle; ich komme in eine große "Tatort"-Fan-Familie. Die Tagesschau wird beim letzten Teil des Abendessens mitverfolgt, die Kellner laufen eilig durch den überfüllten Raum, um alle mit Getränken zu versorgen, bevor es losgeht. In der dieser Kneipe sind das mit Abstand modernste die Bilder vom Gasometer, die überall an der Wand hängen, und die große Leinwand, auf die sich nun alle Blicke richten. Das Licht wird ausgemacht, jemand löscht die Kerzen auf den Tischen.

Als man Kommissarin Charlotte Lindholm mit ihrem Auto durch den Wald fahren sieht, verstummen alle Gespräche.

Die Spannung lässt erst nach einer halben Stunde langsam nach. Gemurmel kommt aus ein paar Ecken; doch dafür, dass bestimmt 50 Menschen im Raum sitzen, ist es erstaunlich ruhig.

Sobald die Verbrecherin entlarvt und die Familienzusammenführung gelungen ist, wird die Leinwand hochgerollt und das Licht angemacht. Jetzt fängt der interessanteste Teil des Abends an: "Also wer war jetzt der Junge in der roten Jacke?" - "Mensch, das war doch die Hauptperson!" Bei einem weiteren Bier analysiert man diesen und die letzten "Tatorte" gleich mit, und ganz allmählich schweifen die Gespräche ab. Als sich die Ersten mit einem "Bis nächste Woche!" verabschieden, kann ich sie irgendwie verstehen: Zu Hause ist es vielleicht etwas gemütlicher als mit verdrehtem Nacken auf harten Holzstühlen, aber dafür klingelt das Telefon nicht, und die Diskussion gibt es gleich im Anschluss dazu.
Kira von Bernuth, 16 Jahre

Jingle Bells

2. Februar, 18.10 Uhr. Für eine Stunde werde ich mich in die Untiefen der Berliner Radiolandschaft stürzen. Ein Erlebnisbericht.

18.12 Eine merkwürdige Stimme erkundigt sich, ob ich mir das Musical "Dirty Dancing" ansehen will, denn "morrrgen aaabend liegen hier Karten bereit!! Wer bringt dich hin?!?!"

18.14 Die Suse aus Hellersdorf hört jetzt wieder den Sender mit den drei Buchstaben!

18.23 Green Day sagen mir Hallo. Dann ein unglaublicher Remix ihrer Single: anstatt "Do You know Your Enemy?" singen die jetzt: "Oh! Du hörst NRJ!". Für den Fall, dass ich es immer noch nicht verstanden habe, werde ich am Ende des Songs noch einmal erinnert: "Duu hööaarst Enaaajiiiee Beaaarliiiin!!!!!!"

18.29 Nachrichten. Zwei Minuten Paradies. Doch zum Wetter kehrt die Stimme wieder zurück. Das ist ja schon uuungemüüüütlich!!! Klingelt durch, bimmelt durch, ne?! Hehehe.

18.32 "Sag mal, was los mit dir?!", fragt eine andere Stimme. Und ich dachte schon, nur mir sei etwas aufgefallen …

18.45 Aber das ist ja nicht nur der Sender für das sinnlose Hintergrundgedudel und die überflüssige Interpunktion, nein!!!!!!! Hier werden auch schwerwiegende politische Angelegenheiten besprochen. "Wir wollen mal wissen, ob ihr das auch findet, dass Hartz-IV-Empfänger für ihre Kohle arbeiten gehen sollen!?!?" Ja, bitte. Eure Meinung ist das, worauf wir unser ganzes Leben gewartet haben.

18.51 "Ich hatte gerade im Seminar einen Nervenzusammenbruch!" Mmh, ja, da kenn ich auch jemanden …

19.03 "Hit Music Only", raunt eine tiefe Stimme. Wie viele verschiedene Jingles haben die eigentlich? Und wer zum Teufel nennt seine Band freiwillig "Chipmunk"?

19.06 Mich beschleicht das Gefühl, genau dieses Lied vor zirka einer Stunde schon einmal gehört zu haben. Noch vier Sekunden, drei, zwei, eine: Es ist

19.10. Vorbei. Ich schiebe liebevoll den Regler meines Radios auf "aus" und streichle die drei, vier Hirnzellen, die überlebt haben. Die Stille hat sich noch nie so schön angehört.
Roberta Huldisch, 15 Jahre

Die einzige Lücke

Als Anfang Januar im Iran die Medienzensur verschärft wurde und die Menschen dagegen demonstrierten, wurde die ganze Welt durch internationale Zeitungen, Nachrichtensender und Blogs darauf aufmerksam gemacht.

Hier in Deutschland sind wir Freiheit gewohnt, die Presse darf so gut wie alles veröffentlichen.

Im Iran oder in China werden alle Medien vom Staat kontrolliert. Ich kann mir kaum vorstellen, wie das ist, nie auf dem neuesten Stand zu sein. Nichts, was nach Ansicht der iranischen Führung gegen Staat, Rechtssystem oder Religion ist, darf veröffentlicht werden. In China es ähnlich. Wer gegen die Medienzensurgesetze verstößt, kann eine lange Haftstrafe bekommen wie in Deutschland für schwere Verbrechen. Selbst in der Schule reden wir über die Situation dort, in meinem Fall im Fach Ethik.

Die einzige Lücke ist das Internet. Der Staat kann zwar Seiten sperren lassen, aber sie können nicht alles kontrollieren. Blogs und Artikel in Netzwerken wie Twitter zeigen Fotos und Videos von Demonstrationen. Auf der Seite der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch habe ich viele Artikel dazu gefunden, auch bei Youtube gibt es Videos von Demonstrationen. Ich hoffe nur, dass sich die Mühe der Menschen eines Tages bezahlt macht und der Staat endlich das Volk anhört.
Luca Hyzdal, 16 Jahre

Ich will meine Zeitung

Der Bösewicht sitzt im Restaurant, zufrieden mit sich und seinen grausamen Taten. Doch nicht weit entfernt sitzt der Held. Was nur wir vor dem Fernsehbildschirm wissen: Die Zeitung hat Gucklöcher, der Bösewicht wird bald überführt sein.

Die Zeitung mit Löchern: ein alter Detektivklassiker, über den ich immer gelacht habe. Wird dieser Gag unmodern? Vor allem unter Jugendlichen bemerke ich den Drang nach effektiveren, schnelleren, auch kostengünstigen Varianten, an Informationen zu kommen.

Jede Zeitung ist heute online, um nicht unterzugehen. An sich nicht schlecht, Informationen per Mausklick rund um die Uhr - aber doch stillos! Bin ich altmodisch, wenn ich nicht darauf stehe, mir beim Zeitunglesen am PC einen steifen Nacken zu holen?

Ist die Zeitung heute nicht mehr der Wegbegleiter ins Büro? Kaffee oder Tee, serviert mit einer druckfrischen Tageszeitung, die beim Umblättern raschelt, nach Druckerschwärze duftet und aus der man sich die kuriosesten Artikel ausschneidet und aufhebt?Ach ja, heutzutage läuft das bei den coolen Kids übers Handy. Da haben wir's doch: Ich bin out, genauso wie mein Handy, das mit Internetzugang nicht dienen kann.

Aber selbst wenn - ich will lieber etwas Greifbares. In einer Zeit, in der alles so rund läuft, dass einem schwindlig werden kann, soll meine Zeitung real sein. Ich muss lachen, wenn jemand in der S-Bahn mit seiner ausgebreiteten Zeitung einen halben Wagen blockiert. Ich will nach meinen eigenen Artikeln nicht im unberechenbaren Internet forschen, sondern meinen Namen gern schwarz auf grau lesen.
Caroline Stelzer, 18 Jahre

Stark beeinflusst

Ich finde, die Frage, ob wir von den Medien beeinflusst werden und warum die Welt den verrücktesten Modetrends folgt, erübrigt sich, denn es ist doch offensichtlich:

Natürlich beeinflusst uns eine so große Macht wie die Medien. Durch den ständigen Informationsfluss prägt sich das Gesehene und Gehörte bei uns ein. Es prägt sich ein, was den Medien zufolge die Menschen interessiert, was von Belang ist, auch wenn der Verstand dem einen oder anderen etwas anderes sagt.

Es ist also kein Wunder, dass meine Freundinnen und ich uns gern "Germany's Next Topmodel" anschauen und uns darüber unterhalten. Es geht uns eben irgendwie alle etwas an.

Ich finde auch, dass das Familienleben durch die Medien beeinflusst wird. Damit meine ich nicht die Regel, um acht wird "Tagesschau" geguckt. Entscheidungen und Kommunikation werden durch Medien bestimmt. Zum Beispiel, dass der Vater, der unter der Woche in Polen arbeitet, mit seiner Familie in Kontakt bleiben kann und über die wichtigsten Geschehnisse im Heimatland Bescheid weiß. In vielen Familien führt das Thema auch zu Konflikten, weil die meisten Eltern es nicht gern sehen, wenn ihr Kinder den ganzen Tag vor dem Computer hocken, obwohl die es normal finden.

Medien verbinden uns. Sie bieten uns eine Grundlage, auf der wir uns austauschen, beeinflussen unser Denken und Handeln viel stärker, als wir das oft wahrhaben wollen.
Shannon Doyle, 15 Jahre

Durch den Dreck gezogen

Die Medien können unser Leben bereichern, aber auch einen negativen Einfluss auf uns ausüben. Medien können meiner Meinung nach viel mehr als "nur" unsere Lebensweise beeinflussen

Die Medien können Menschen benutzen, sie ausnutzen und auch zerstören.

Alle kennen "Deutschland sucht den Superstar". Vor allem die Castings haben Rekordeinschaltquoten, und auf den Schulhöfen in ganz Deutschland wird am nächsten Tag darüber geredet. Aber schon mit ein wenig Verstand kann jeder erkennen, wie schlimm die meisten Menschen von Dieter Bohlen durch den Dreck gezogen werden. Oft machen sich die, die überhaupt nicht singen können, vor der Kamera lächerlich. Diese "Sänger" werden in Trailern Wochen vor der Ausstrahlung angekündigt, damit auch jeder merkt: "Da gibt es was zu lachen!"

Mir fällt immer wieder auf, dass viele Kandidaten, die von DSDS bloßgestellt werden, gar nicht so recht wissen, wie ihnen geschieht. Manchmal wirken sie richtig ängstlich. Für die Regie von "Deutschland sucht den Superstar" ist das ein gefundenes Fressen; sie blenden verächtliche Animationen ein und verunsichern die Kandidaten noch mehr. Oft sind es auch Realityshows, wo Menschen, ohne es selbst so richtig zu begreifen, dargestellt werden wie Zurückgebliebene.

Klar sind es die Menschen selbst, die sich entscheiden, in diesen Shows aufzutreten. Doch die Art, in der viele Sendungen mit ihnen umgehen, ist unmenschlich. Trotzdem guckt Deutschland sich - inklusive mir - solche Shows an. Wir wollen unterhalten werden, auch wenn viele von uns wissen, dass Menschen für unseren Unterhaltungswert dafür bloßgestellt werden. Darüber sollten wir uns alle mal Gedanken machen!
Leon Redlinger, 15 Jahre

Ich will ins Netz

Ein Klick hier, ein Klick dort, aber du musst dich nur mit den Themen deiner Wahl befassen. Ich finde es gut, dass ich bei der Zeitung im Internet genau die Artikel auswählen kann, die mich interessieren. Außerdem hast du jederzeit die Möglichkeit, Dinge durch die Suchmaschine zu finden. Du möchtest alle Informationen der letzten Tage zur Fashion Week? Kein Problem! Gib das Stichwort in das Suchfeld ein und los geht's. Kein ewiges Geblätter, um einen Artikel zu finden.

Natürlich ist es etwas anderes, ob morgens am Frühstückstisch ein Vater mit Laptop oder mit einer Zeitung sitzt. Aber nicht jeder legt sich auf eine bestimmte Zeitung fest. Ich finde es gut, dass man im Internet verschiedene Zeitungen lesen und vergleichen kann, jede vertritt schließlich andere Ansichten. Außerdem hat nicht jede Familie ein Abonnement, also liegt nicht überall morgens eine Zeitung auf dem Frühstückstisch. Das Internet macht es trotzdem möglich, dass auch Schüler die Zeitung lesen können.

Ich denke, die Print-Zeitung wird nie vollständig ersetzt werden können. Aber das Internet bietet doch eine zufriedenstellende Alternative.
Katharina Uharek, 15 Jahre

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