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Panorama: Wie die Reichen

Viele Frauen tragen ein Kleid ein Mal und bringen es zurück – Forscherin fand ein passendes Krankheitsbild

Von Jörg Achhammer

Es gibt noch immer viele intolerante Männer, die kein Verständnis dafür haben, wenn ihre Frauen oftmals teure Kleider kaufen. Versteht der Mann die Welt nicht mehr, ist nun Erklärung in Sicht. Die Frau, die permanent Kleider kauft, ist nicht modewild, sonder modekrank, wie eine britische Forscherin nunmehr herausfand. Tamara King, Sozialforscherin der englischen Brunel-Universität, hat die neue Modekrankheit entdeckt, wie der „Daily Telegraph“ in seiner Mittwochsausgabe berichtete. Nach Befragung von 530 Frauen kam die Forscherin in ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass mehr als die Hälfte der befragten Frauen neben der Kaufsucht unter anschließend starken Reuegefühlen leidet. Ähnlich der Ess-Brech-Sucht bezeichnet King das Krankheitssyndrom als „Shopping-Bulimie“: Frauen verlieren plötzlich die Kontrolle, erliegen einem Shoppingwahn durch massenhaften Zukauf von Modeartikeln, den sie anschließend mit einem tiefen Schuldgefühl quittieren. Nach der Kaufattacke, die durch Modevorbilder wie Jennifer Lopez und Victoria Beckham angeheizt wird, kommt das schlechte Gewissen, der Ärger über sich selbst.

Krankheit oder Sport?

Und die Angst, dass die Zahl der Kleidungsstücke zunimmt, während der Geldbeutel immer schmaler wird. Daher versuchen sie das Ganze ungeschehen zu machen: Als Abführmittel dienen aufbewahrte Quittungen, um die Artikel – beispielsweise teure Designer-Outfits – nach einmaligem Tragen wieder zurückzubringen.

Doch ist nicht alles Krankheit. Vielleicht ist es auch Sport. Andere Frauen, die die Wissenschaftlerin alle bei direkter Tat, nämlich beim Shoppen in verschiedenen Londoner Geschäften, befragt hat, nutzen die Geldzurückgabemöglichkeit vieler britischer Geschäfte rücksichtslos aus.

So haben ihr laut „Daily Telegraph“ viele Frauen gestanden, dass sie Kleidungsstücke nur zu dem Zweck kauften, um sie nach zweiwöchiger Nutzung während einer Ferienreise wieder gegen Bares zurückzutauschen. Schwangere Frauen lösten ihre Umstandsmode nach der Entbindung gegen Geldrückgabe ein. Kleiderausleihe in der modernen Luxusvariante. Der Gang zum Kostümverleih früherer Generationen entfällt, heute dienen bekannte Markenfirmen als temporäre, nichts mehr kostende Leihanstalten für trendbewusste Fashionvictims.

Auch der Berliner Einzelhandel muss mit solchen Leihshoppern rechnen. Wie groß das Ausmaß dieses Phänomens ist, ist nicht bekannt. Eine Filialassistentin bei H&M in der Friedrichstraße versichert, dass man bislang keine negativen Erfahrungen mit dem bei der Modehandelskette praktizierten Umtauschrecht gemacht hat. Dort kann man bis 14 Tage nach Einkauf die Ware zurückbringen und erhält dann bei Bonvorlage ohne weitere Begründung sein Geld zurück. Bei Mango am Ku’Damm wird gleichfalls gegen Bonvorlage das Geld zurückgegeben, bei der Filiale der spanischen Modekette Zara in der Tauentziehenstraße hat man sogar einen Monat Zeit, das Kleid gegen Geld zurückzutauschen. Eine Kundin berichtete dem Tagesspiegel allerdings, dass viele ihrer Freundinnen ein solches System ausnutzten und getragene Kleidungsstücke, die teilweise sogar die Reinigung passiert hätten, ins Geschäft zurücktragen und erfolgreich ihr Geld zurückerhielten. Sie verwirklichen das, was sich sonst nur reiche Frauen leisten können: Ein neues Kleid wird nur ein Mal getragen.

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