zum Hauptinhalt

Panorama: Wiederaufbau: Gestern wurde der Grundstein für einen Neubau der Dresdener Synagoge gelegt

Auf diesen Tag hatte die Jüdische Gemeinde zu Dresden lange gewartet: Endlich wurde der Grundstein für die neue Synagoge gelegt. Eigens dazu war Henry A.

Auf diesen Tag hatte die Jüdische Gemeinde zu Dresden lange gewartet: Endlich wurde der Grundstein für die neue Synagoge gelegt. Eigens dazu war Henry A. Landsberger, der Enkel des letzten Dresdner Oberrabbiners aus North Carolina angereist. Und Günter Blobel, der weißhaarige Nobelpreisträger aus New York - der gute Onkel aus Amerika. In seiner Jugend, nach dem Krieg, war er Sachse und ist es irgendwie immer geblieben. Beim Aufbau der Biotechnologie in Sachsen will der Wissenschaftler helfen. Und er hat sein ganzes Preisgeld gestiftet, 1,6 Millionen Mark für die Frauenkirche, 100 000 Mark für die Synagoge.

Frauenkirche und Synagoge scheinen irgendwie miteinander verbandelt. Von beiden blieben nach dem Krieg nur alte Fotos und Erinnerungen. Der Wiederaufbau der Frauenkirche, das war wie ein Fanal für den Aufbruch in eine neue Zeit, ein Gedanke, im Umbruch der ausgehenden DDR geboren. Erst 1995 kam ein Dresdner Pfarrer zu der Überlegung, dass die Synagoge brannte, lange bevor die Frauenkirche zerstört wurde.

Die Dimensionen könnten unterschiedlicher nicht sein. Der Aufbau der Frauenkirche wird mit 250 Millionen Mark veranschlagt, die Synagoge soll knapp 21,5 Millionen Mark kosten. Ein Wiederaufbau des alten Baus von Gottfried Semper, dem die Dresdner auch ihr Opernhaus verdanken, kam nicht in Frage - nicht einmal Grundmauern waren noch da. Nur ein vergoldeter Davidsstern blieb, den ein mutiger Feuerwehrmann in der Reichsprogromnacht von 1938 von einem der Türme rette.

Während mit der Frauenkirche der Brückenschlag in die Vergangenheit versucht wird, symbolisiert die Synagoge einen Neuanfang auf altem Grund und Boden, eine neue Chance im Zusammenleben zwischen Juden und Nichtjuden in dieser Stadt. Auch die Gemeinde ist eine andere. Zu Beginn der 90er-Jahre fast ausgestorben, hat Zuwanderung aus dem Osten die Mitgliederzahl wieder auf 300 wachsen lassen. Auf den Tag genau vor 162 Jahren war die Grundsteinlegung zur zerstörten Sempersynagoge.

Der architektonische Entwurf für die neue Synagoge stammt vom Saarbrücker Architektenbüro Wandel, Hoefer und Lorch, die Entscheidung darüber wurde 1997 getroffen. Das Projekt umfasst zwei Gebäude, eine Gemeindehaus und die eigentliche Synagoge, dazwischen ist ein kleiner Garten mit Baumhain und dem Reinigungsbad, die Umrisse der alten Synagoge werden auf dem Boden sichtbar gemacht. Die Synagoge selbst ist ein architektonischer Knüller. Einer Spirale ähnlich erfährt der Kubus mit wachsender Höhe eine östliche Drehung. Durch die löchrige Wand dringt gedämpftes Licht nach innen. Die Chancen stehen gut, das die Synagoge der Frauenkirche in der Beachtung in nichts nachstehen wird.

Die Fördervereine von Frauenkirche und Synagoge waren frühzeitig bemüht, bei den Spenden keine Konkurrenz zwischen beiden Projekten aufkommen zu lassen. Benefizkonzerte für die Synagoge erklangen in der Unterkirche der Frauenkirche, Vermarktungsideen wurden übernommen. Doch Finanzsorgen bleiben hier wie dort. Die Deckungslücke für die Synagoge wird mit 7,5 Millionen Mark angegeben. Aber die Gemeinde ist guten Mutes, dass am 9. November 2001, dem 63. Jahrestag der Reichsprogromnacht, die Weihe stattfinden soll.

Ralf Hübner

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false