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Wirtschaft: 10 000 neue Lehrstellen für bessere Integration

Verbände und Regierung versprechen mehr Ausbildung – auch bei Firmen mit ausländischen Chefs. Dem DGB reicht das nicht

Berlin - Wirtschaft und Bundesregierung wollen mehr für die Integration ausländischer Jugendlicher in den Arbeitsmarkt tun. Dazu soll es unter anderem innerhalb der kommenden fünf Jahre 10 000 neue Ausbildungsplätze bei Firmen mit ausländischen Inhabern geben, kündigte Kemal Sahid, Präsident der Türkisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer, am Donnerstag in Berlin an. Zudem solle die Zusammenarbeit von Schulen und Unternehmen verbessert werden, sagte Ludwig Georg Braun, Präsident des Wirtschaftsverbands DIHK.

Derzeit besucht jeder fünfte Jugendliche ausländischer Herkunft eine Hauptschule, bei den deutschen ist es nur jeder zehnte. Zudem bleiben 17 Prozent der ausländischen Jugendlichen ohne Abschluss, knapp 37 Prozent erlernen keinen Beruf. Bei den deutschen Jungen und Mädchen sind es 8,5 und elf Prozent. Mangelnde Perspektiven gelten als wichtiger Grund für die sozialen Probleme vielerorts.

Die Initiative „Aktiv für Ausbildungsplätze“ plant nun eine bessere Beratung von ausländischen Unternehmern. Industrie, Handel, Handwerk, deutsch-ausländische Verbände und die Regierung versuchen, bei den Firmen für mehr Ausbildung zu werben. Bislang bilden die bundesweit 300 000 Betriebe unterdurchschnittlich aus – ihre Beteiligung liegt bei sechs bis 15 Prozent, bei deutschen Firmen sind es 23 Prozent. Allein mit zusätzlicher Information lasse sich schon eine Menge erreichen, sagte der türkisch-deutsche Kammerchef Sahid. Das Bundesbildungsministerium will eine Kampagne mit zwei Millionen Euro unterstützen. „Dadurch erhöhen sich die Ausbildungschancen für Jugendliche mit Migrationshintergrund“, sagte die Integrationsbeauftragte der Regierung, Maria Böhmer (CDU). Eine Lehre sei neben der deutschen Sprache ein Schlüssel zur Integration. Ausländische Unternehmer hätten zudem eine wichtige Vorbildfunktion für Jugendliche und Eltern. Um sie zu erreichen, soll es in den kommenden Wochen etwa acht Regionalkonferenzen geben, bei denen es Informationen über die Ausbildungsregularien geben soll.

Für die bessere Ausbildung der betroffenen Jugendlichen seien aber nicht nur die ausländischen Unternehmer verantwortlich. „Hier sind alle gefordert, insbesondere die Schulen, die wir nicht alleine lassen dürfen“, sagte DIHK-Chef Braun. Wirtschaftsverbände und Kultusminister wollen daher eine bessere Kooperation von Schulen und Betrieben erreichen und dazu im Juni einen Handlungsleitfaden vorstellen. Auch ein stärkerer Austausch könne das Zusammenleben verbessern – Braun zufolge soll es zum Normalfall werden, dass deutsche Jugendliche bei einem ausländischen Betrieb lernen.

Generell mehr Lehrstellen verspricht sich Braun durch die Belebung der Konjunktur. Zusammen mit verstärkten Werbeaktionen könnten in diesem Jahr „weit über 559 000 Stellen angeboten werden“. Das ist die Zahl der Lehrverträge aus 2005, die tendenziell rückläufig war.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert ein höheres Angebot von der Wirtschaft. Ohne Chance auf eine Lehrstelle entstehe bei den Jugendlichen keine Motivation zu lernen und sich zu integrieren, sagte Vorstandsmitglied Ingrid Sehrbrock dem Tagesspiegel. „Der Verweis auf die mangelnde Ausbildungsreife greift zu kurz. Die Firmen ziehen sich immer mehr aus der Verantwortung zurück, vor allem die großen, und sehen Auszubildende als reinen Kostenfaktor.“ 2005 würden insgesamt 60 000 bis 100 000 Mädchen und Jungen keinen Platz finden oder in einer Warteschleife landen. Zudem müsse es in den Betrieben eine intensivere Betreuung der Lehrlinge geben, auch durch Berater der Kammern, forderte sie.

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