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Wirtschaft: 10000 Anleger klagen gegen die Telekom

Die größte Klagewelle gegen ein deutsches Unternehmen ist ein Geschäft für die Anwälte – und die streiten sich ums Geld

Berlin (vis). Es ist die größte Klagewelle, die je auf ein deutsches Unternehmen zugekommen ist. Rund 10000 Aktionäre der Deutschen Telekom haben nach Schätzungen der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) bis zum gestrigen Montag Prospekthaftungsklage gegen das Unternehmen beim Landgericht Frankfurt (Main) eingereicht. Die Erfolgsaussichten dieser Klagen schätzen Experten unterschiedlich ein. In jedem Fall hat die Klagewelle den Anwälten viele neue Mandanten beschert und es werden erste Vorwürfe laut, dass es dabei nicht immer korrekt zugegangen ist.

Die Kläger haben ihre TAktien im Rahmen des dritten Börsengangs der Telekom im Jahr 2000 erworben. Sie werfen dem Unternehmen vor, im Börsenprospekt falsche Angaben gemacht und wesentliche Risiken verschwiegen zu haben. Die Anleger verlangen die Rückzahlung des Kaufpreises, der damals zwischen 63,50 und 66,50 Euro lag. Die Ansprüche aus Prospekthaftung verjähren nach drei Jahren, was jetzt eingetreten ist.

Wann es zu einer Verhandlung kommt, ist offen. Die ersten Klagen haben Aktionäre bereits im Jahr 2001 eingereicht, aber einen Verhandlungstremin gibt es immer noch nicht. Aktionärsschützer sind skeptisch, ob die Anleger mit ihren Vorwürfen gegen die Telekom Erfolg haben werden. Nach Ansicht der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre sind die Hürden größer als oft geschildert. Helfen könnten die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Bonn, die wegen Bilanzfälschung und Kapitalanlagebetrug gegen frühere Vorstände der Telekom ermittelt. Die Ermittlungen laufen seit Jahren, das Verfahren ist aber noch nicht eröffnet.

Optimistischer ist naturgemäß Anwalt Ralf Plück von der Wiesbadener Kanzlei Doerr und Partner. Seine Kanzlei hat bis Montag Klagen für rund 5500 Mandanten eingereicht – und damit weit mehr als jede andere Kanzlei in Deutschland. Die Ansprüche belaufen sich insgesamt auf etwa 25 Millionen Euro, was wiederum eine relativ geringe Summe ist. Die Kanzlei hat die Klagen mehrerer Mandanten zusammengefasst. Zwar gibt es Sammelklagen nach amerikanischem Muster in Deutschland nicht, trotzdem können sich mehrere Kläger zusammenschließen – was die Kosten für den einzelnen Kläger erheblich reduziert.

Trotzdem: Es sei schon erstaunlich, dass eine Kanzlei mehr als 5000 Aktionäre gewonnen habe, während es andere gerade einmal auf ein paar Hundert bringen. „Die Rechtsschutzversicherungen haben ihre Deckungszusage mit der Bedingung verbunden, dass die Klagewilligen zu einer bestimmten Kanzlei gehen“, sagt ein Anwalt, der nicht genannt sein will. Versicherer wie die Arag und die Deurag weisen diesen Vorwurf zurück. Die Deurag bestätigte, dass sie Empfehlungen für Anwälte gebe, wenn Mandanten darum bitten. „Wir haben aber nicht nur an eine Kanzlei verwiesen“, hieß es bei der Deurag. Noch hat es der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zufolge keine Beschwerden gegeben. Im Gegenzug überlegt ein Versicherer inzwischen, gegen die Kanzleien vorzugehen, die sich geweigert haben, Klagen zusammenzufassen. „Das ist ein Verstoß gegen die Obliegenheitspflichten. So werden die Kosten ohne Not nach oben betrieben“, beschwert sich ein Versicherer, der ebenfalls nicht genannt sein will.

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