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Gute Arbeit. Die IG Metall demonstriert für bessere Beschäftigungsverhältnisse. Foto: dapd

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Wirtschaft: 225 Millionen Kinder arbeiten

Gewerkschaften rufen zum „Welttag für menschenwürdige Arbeit“ / Viel mehr Zweitjobs in Deutschland.

Berlin - „Ein guter Job kann das Leben eines Menschen ändern, und die richtigen Arbeitsplätze können ganze Gesellschaften umformen“, sagte Weltbankpräsident Jim Yong Kim vor wenigen Tagen bei der Vorstellung des Weltentwicklungsberichts zum Thema Arbeit. Arbeitsplätze sind der Studie zufolge weltweit der entscheidende Faktor für wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Von einem menschenwürdigen Arbeitsplatz können derzeit jedoch viele Menschen nur träumen. Arbeitslosigkeit, Lohndumping, Missachtung von Arbeitnehmerrechten und prekäre Arbeitsverhältnisse gehören weltweit zur Realität.

Seit fünf Jahren macht deswegen der internationale Gewerkschaftsbund am 7. Oktober mit dem „Welttag für menschenwürdige Arbeit“ auf Probleme von Arbeitnehmern aufmerksam. Am Sonntag wird es zu diesem Anlass 177 Aktionen in 55 Ländern geben. In Berlin veranstaltet der internationale Gewerkschaftsbund zusammen mit der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung eine öffentliche Konferenz zu den Themen Kinderarbeit, prekäre und informelle Arbeit, Gewerkschaftsrechte und Hausangestellte. Weltweit müssen nach Schätzungen der internationalen Arbeitsorganisation (ILO) 225 Millionen Kinder arbeiten. 21 Millionen Menschen auf der ganzen Welt sind von Zwangsarbeit betroffen, 880 000 davon in Europa. Es sind jedoch nicht nur diese extremen Formen von Ausbeutung, die die Gewerkschaften anlässlich des Welttags für menschenwürdige Arbeit kritisieren. Die IG Metall protestierte am Freitag mit verschiedenen Aktionen gegen die Zunahme prekärer Beschäftigung. Der zweite Vorsitzende der IG Metall, Detlef Wetzel, tadelte in diesem Zusammenhang den Missbrauch von Leiharbeit, Werkverträgen, Befristungen und Minijobs. „So wird die Spaltung ganzer Belegschaften gezielt vorangetrieben und systematisch für Lohndumping und den Abbau von Mitbestimmungsrechten genutzt“, sagte Wetzel am Freitag in Frankfurt. Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer sieht vor allem in der europäischen Krisenbewältigung und „der Lohn- und Sozialdumpingsspirale“ infolge des Fiskalpakts ein Problem. „In Europa und darüber hinaus werden Arbeitnehmerrechte abgebaut, soziale Errungenschaften über Bord geworfen, die Tarifautonomie ausgehebelt und die Löhne und Renten gedrückt.“ Unsichere und informelle Beschäftigung sei schon lange nicht mehr auf die armen Länder des Südens beschränkt, sagte er weiter. Dazu passt eine Meldung der Bundesagentur für Arbeit, der zufolge sich die Zahl der Zweitjobs seit 2003 auf 2,5 Millionen verdoppelt hat. In 2011 hat jeder elfte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen Nebenjob ausgeübt. Auch in Berlin nimmt der Druck auf die Arbeitnehmer zu. Zwischen 1992 und 2011 hat die Beschäftigung in den Abendstunden von 15 auf 27 Prozent zugenommen. Mehr als 60 Prozent aller Berliner Arbeitnehmer arbeiten in Wechselschichten, nachts, sonn- und feiertags.

Am schwersten haben es jedoch meist diejenigen, die überhaupt keine Arbeit haben. Laut ILO haben Spanien mit 24,5 Prozent und Griechenland mit 22,3 Prozent derzeit die weltweit höchsten Arbeitslosenraten unter den Staaten, für die statistisch vergleichbare Daten vorliegen. Allerdings halten Experten den Arbeitsmarkt in Industrie- und Entwicklungsländern für kaum vergleichbar.

Im Fazit des Berichts der Weltbank heißt es, dass Regierungen ihr Hauptaugenmerk auf den Arbeitsmarkt legen sollten, um die Zukunft positiv zu gestalten. Wichtig dürfte es dabei sein, nicht nur auf die Quantität, sondern auch auf die Qualität der Jobs zu schauen. Denn wenn die Bezahlung so schlecht ist, dass man trotz Arbeit arm bleibt, sind auch die schönsten Konjunkturdaten kein Trost.

Annika Waymann

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