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Siemens-Stellenabbau: 350 Arbeitsplätze fallen in Berlin weg

Andere Betriebsstandorte sind vom Stellenabbau stärker betroffen. Trotzdem sind die Mitarbeiter verunsichert. Im Treptower Siemenswerk könnten noch zusätzlich Arbeitsplätze gestrichen werden.

"Löscher, wer ist das?“, fragt der junge Mann, der mit seinen Kollegen auf dem Weg vom Dynamowerk zum Mittagessen in der Siemens-Zentrale an der Berliner Nonnendammallee ist. "Mensch, das ist der Siemens-Chef in München“, antwortet ein Kollege entrüstet. Er ist sich nicht sicher, ob die Frage wirklich ernst gemeint war. Alle haben an diesem Tag eine E-Mail von Peter Löscher bekommen. Darin informiert der Siemens- Chef seine weltweit rund 400.000 Mitarbeiter über den geplanten Stellenabbau. "Löscher, das lösche ich immer gleich“, sagt der Arbeiter lachend und verschwindet zum Essen. "Das versteht man sowieso nicht, was da steht“, sagt der Kollege. "Da wird immer hochtrabend über Zusammenschlüsse und so geschrieben.“

Diesmal ging es nicht um Zusammenschlüsse, diesmal ging es ums Sparen. Bis zum Jahr 2010 will Siemens seine Kosten um 1,2 Milliarden Euro reduzieren. Am Dienstag sagte der Konzern zum ersten Mal, wie viele Arbeitsplätze das kosten wird. Fast 17.000 Stellen will Siemens weltweit abbauen, allein 5250 davon in Deutschland. Außerdem will Siemens sich von Geschäften trennen, das kostet noch einmal mehr als 1000 Stellen. Die Kosten sollen auf ein wettbewerbsfähiges Niveau sinken, schreibt Löscher an die Mitarbeiter. "Nachholbedarf haben wir insbesondere bei Vertriebs- und allgemeinen Verwaltungskosten, die verglichen mit unseren Wettbewerbern deutlich zu hoch sind.“ In Zahlen: Weltweit sollen 12.600 Arbeitsplätze allein in den Verwaltungen gestrichen werden.

"Jetzt trifft es die Richtigen“, sagt ein Arbeiter grimmig. Er ist gerade auf dem Weg ins Schaltwerk. In den 30 Jahren, die er bei Siemens arbeite, sei es das erste Mal, dass Stellen in den Büros gestrichen würden und nicht in den Werken. In Berlin, am weltweit größten Produktionsstandort des Konzerns, sind in den vergangenen Jahren Tausende von Arbeitsplätzen abgebaut worden. Schlanke, effiziente Fabriken sind die Folge, mit Mitarbeitern, die es gewohnt sind, jährlich die Produktivität zu steigern.

Siemens sucht dringend Fachkräfte und Ingenieure für seinen Berliner Standort

Diesmal aber trifft es die Lehmschicht. So nannte Siemens-Chef Peter Löscher die Gruppe von Beschäftigten des mittleren und oberen Managements. Viele Posten in der Verwaltung werden nach der Neuorganisation des Konzerns überflüssig. Dass er den Begriff Lehmschicht verwandte, trug Löscher viel Kritik ein. Er habe den Begriff so vorgefunden, verteidigte sich der Österreicher, der seit einem Jahr an der Siemens-Spitze steht.

In Berlin ist die Lehmschicht relativ dünn. Insgesamt stehen hier 350 Arbeitsplätze auf der Streichliste, das ist wenig im Vergleich zu den rund 13.000, die hier arbeiten. München und Erlangen werde es härter treffen, sagt einer. "Da ist der Wasserkopf größer.“ Überdies sucht der Konzern in Berlin dringend Facharbeiter und Ingenieure.

"Die in der Verwaltung werden weggeatmet"

Dennoch: Die Unsicherheit sei groß. "Die Informationen kommen nur scheibchenweise“, klagen Mitarbeiter. Er sei aber sicher, dass Siemens nicht mit der Sense durch den Betrieb gehen werde, sagt ein Angestellter aus der Fertigung. 350 Stellen, das sei auch nicht viel. "Die werden weggeatmet“, sagt er. "In der Fertigung kennen wir atmende Fabriken ja auch.“ Gemeint ist, dass sich die Arbeiter in der Produktion immer wieder flexibel auf den Bedarf einstellen müssen. Nun müsse auch die Verwaltung atmen.

Weit weg von Siemensstadt, im Bahntechnikwerk in Treptow, sieht die Situation anders aus. Bisher stehen hier zwar nur 60 der rund 1000 Arbeitsplätze auf der Streichliste. Doch hier geht es nicht um das Sparen in der Verwaltung. Im Bereich Mobility, zu dem das Werk gehört, geht es auch um Restrukturierung, möglicherweise um die Schließung von Standorten. 500 Jobs sollen wegfallen, ob das auch Berlin trifft, ist noch offen. Auf einer Betriebsversammlung am Mittwoch konnten die Arbeitnehmervertreter den Mitarbeitern bisher nur versprechen, sie auf dem Laufenden zu halten.

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