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Ein VW-Logo vor dem Bosch Stammsitz. Der Stuttgarter Zulieferer kommt wegen seiner Beteiligung am VW-Abgasskandal unter Druck.

© dpa

Update

Abgasskandal bei VW: Behindert die EU-Kommission die Aufklärung?

EU-Kommission und Mitgliedsländer versagen bei Aufklärung des VW-Abgasskandals, meint eine große Mehrheit im Europaparlament. Verheugen versuchte seine Anhörung zu umgehen. Die EU-Kommission widerspricht.

Mit einem Rüffel für die EU-Kommission und einem Ordnungsruf für die nationalen Regierungen geht der Untersuchungsausschuss im Europa-Parlament zur Aufklärung des VW-Abgasskandals in die zweite Halbzeit. Im Zwischenbericht, der Dienstag mit einer breiten Mehrheit von 618 Ja-Stimmen bei 26 Nein-Stimmen angenommen wurde, wird die EU-Kommission aufgefordert, das Parlament besser bei der Aufklärungsarbeit zu unterstützen. Die Kommission solle den Grundsatz der „loyalen Zusammenarbeit“ achten und zügiger die angeforderten Dokumente bereitstellen. Auch den nationalen Regierungen wirft das Parlament einigermaßen deutlich vor, die Untersuchungen zu hintertreiben: Bislang werde nicht die „notwendige fachliche und politische Unterstützung“ geleistet.

EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska weist den Vorwurf von Hinhaltetaktik  zurück: „Wir haben stets mit  dem Untersuchungsausschuss  kooperiert und transparent zusammen gearbeitet. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.“  Wie in Brüssel zu hören ist, hat die Kommission in der Sache bereits knapp 300 Dokumente an den Ausschuss übergeben. Da es sich bei einigen Schriftstücken um  vertrauliche Dokumente handelte, habe man sich aber teils mit nationalen Regierungen vor der Freigabe abstimmen müssen. Daher sei es zu Verzögerungen gekommen.

Der Ausschuss im Europaparlament wurde eingerichtet, nachdem bekannt geworden war, dass VW Schummel-Software eingesetzt hat, um die Ergebnisse von offiziellen Abgaswert-Tests zu verfälschen. Auftrag des Ausschusses ist es zu untersuchen, ob die Kommission, frühere Kommissare, führende Beamte der Kommission sowie die nationalen Regierungen Hinweise auf die illegalen Praktiken hatten und diesen nicht konsequent genug nachgegangen sind. Es geht auch darum, warum die Regierungen es versäumt haben, wirksame Kontrollen aufzubauen.

Die Kritik der Parlamentarier an Kommission und nationalen Regierungen, Hinhaltetaktik anzuwenden, ist zu diesem Zeitpunkt ungewöhnlich. Normalerweise ist ein Zwischenbericht, der sechs Monate nach der Einsetzung des Untersuchungsausschusses kommt, nüchtern verfasst und kommt eher mit technischen Angaben aus. Dass es diesmal anders ist, zeigt, wie groß die Verärgerung bei den Abgeordneten ist. Ismail Ertug, Verkehrsexperte der SPD im EU-Parlament, legt noch nach: „Die Kommission beantwortet unsere Fragen nur ausweichend oder gar nicht.“ Auf schriftliche Fragen von Abgeordneten antworte die Kommission eigentlich nie innerhalb der vorgesehenen Fristen, angeforderte Dokumente würden teils nur lückenhaft bereitgestellt.

Am Donnerstag wird Bosch gehört

Der Ausschuss wurde im März eingesetzt. Bislang wurden drei Generationen von EU-Kommissaren angehört. Unter anderem Günter Verheugen (SPD), der in der ersten Kommission unter José Manuel Barroso dessen Vize und Industriekommissar war. Verheugen hatte zunächst versucht, eine Anhörung vor dem Gremium zu umgehen, kam dann aber doch im August. „Erst nach massivem Druck erklärte er sich bereit, Rede und Antwort zu stehen. Das hätte einfacher gehen können“, kritisiert Jens Gieseke, Verkehrsexperte der Union im Europaparlament. Auch der Nachfolger von Verheugen, der Italiener Antonio Tajani, trat auf. Von sozialdemokratischer Seite wird Tajani vorgeworfen, er habe konkrete Hinweise auf den Einsatz von Schummel-Software gehabt. Bei einem dokumentierten Treffen mit einem Vertreter eines italienischen Zulieferers habe er 2012 Informationen erhalten. Ertug zieht daher das Fazit: „Die EU-Kommission hätte früher tätig werden können und müssen. Sie trägt definitiv eine Mitschuld am Abgasskandal.“

Der Unionsabgeordnete Gieseke wiederspricht. „Im Ausschuss kommen immer wieder Vorwürfe auf, die sich später als haltlos erweisen.“ Gieseke nennt den Hinweis, Tajani sei von seinem Kollegen, dem EU-Kommissar für Umwelt, Janesz Potocnik, per Brief auf die manipulative Software hingewiesen worden. Gieseke sagt dazu: „Mir liegt dieser Brief vor, und ich kann darin keinen Inhalt erkennen, der zu diesen Vorwürfen Anlass böte.“

Am Donnerstag wird Bosch angehört. Der Auftritt wird mit besonderem Interesse beobachtet, weil dem Zulieferer vorgeworfen wird, im Auftrag von VW Bauteile mit manipulativer Software hergestellt zu haben. Entsprechende Ermittlungen sind in den USA im Gange.

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