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China erlebt den größten Kurseinbruch seit zehn Jahren. Doch wer ist schuld?

© dpa

Börseneinbruch in China: Achterbahn in Schanghai

Chinas Aktienmärkte brechen so stark ein wie seit 1996 nicht. Peking sucht dafür die Schuld im Westen.

Drei Wochen Achterbahnfahrt halten auch Händler mit den besten Nerven an der Börse in Schanghai nicht aus. Allein am letzten Handelstag der Woche sind Chinas Börsen um mehr als fünf Prozent nach unten gerauscht. Der Leitindex in Schanghai mit den 300 wichtigsten Werten hat damit in den vergangenen drei Wochen um rund 30 Prozent verloren. Dabei lief alles für sie zunächst bestens.

Über 150 Prozent hatte die Schanghaier Börse in gut einem Jahr zugelegt. Seit dem Höchststand am 12. Juni wurden durch das Abrutschen des Shanghai Composite rund 2,36 Billionen Dollar verbrannt. Das entspricht ungefähr dem Bruttoinlandprodukt Frankreichs. Einen solch starken Verfall der Aktienkurse gab es zuletzt 1996 im Jahr der Asienkrise und selbst damals waren die Kursverluste geringer als jetzt. Zu dieser Zeit besaßen auch noch nicht so viele Chinesen Aktien. Mittlerweile ist die Zahl der Aktienbesitzer mit 90 Millionen größer als die Kommunistische Partei Mitglieder hat (87 Millionen).

Innerhalb eines Jahres vervierfacht sich die Zahl der Depots

Ähnlich wie beim Sommerschlussverkauf ging es zuletzt an den chinesischen Börsen zu. Aktien waren so begehrt, dass sich innerhalb eines Jahres die Zahl der Depots auf 200 Millionen vervierfachte. Hausfrauen, Rentner, Busfahrer, sie alle wollten schnell noch das große Geld verdienen und kauften Aktien. Zu dieser Zeit waren die Großinvestoren schon zaghafter. Analysten warnten vor einer Blase, die zu platzen drohte.

Um einen solchen Crash zu verhindern, griff die Staatsführung ein. Sie stellte eine Reihe von Maßnahmen vor, um die Märkte zu stabilisieren. Erst am vergangenen Wochenende verkündete Chinas Zentralbank eine Zinssenkung. Und auch gegen Spekulanten will Peking nun schärfer vorgehen. Woher die angeblichen Übeltäter kommen, ist dabei längst ausgemacht. So soll die US-Investmentbank Morgan Stanley sich schon am 26. Juni negativ zu weiteren Gewinnchancen an der Schanghaier Börse geäußert haben. Und die Börsenaufsicht CSRC suspendierte 19 Leerverkäufer, die teils auf fallende Kurse gewettet hatten für vier Wochen vom Handel. Künftig soll zudem das Margin Lending, also der Handel mit geliehenem Geld strenger kontrolliert werden und Investoren sollen insgesamt höhere Sicherheiten hinterlegen. Auch der spekulative Handel mit Hebelprodukten, die so gefährlich sind, weil sie mit kleinen Beträgen das Vielfache an Volumen bewegen und so noch mehr Volatilität in die Märkte bringen können, soll bald der Vergangenheit angehören.

Wer zuerst die Nerven verliert, hat verloren

Der Staat greift ein, solange noch keine Panik herrscht, denn die Börsen Chinas in Schanghai und Shenzhen sollen den Kinderschuhen entwachsen und das geht nur nach dem Prinzip „Learning by doing“. Immer dann, wenn ein Problem auftaucht, wird aus Peking nachgebessert: kontrollierter Kapitalismus also. Im Westen wird das zur Kenntnis genommen. Mark Mobius, Schwellenland-Experte vom US-Vermögensverwalter Templeton Emerging Markets erwartet denn auch, dass der Ausverkauf gestoppt ist. „Ich hatte eine Korrektur von 20 Prozent am Markt erwartet, und das ist geschehen“, sagt er. „Gleichzeitig habe ich gesagt, dass es eine Korrektur und nicht der Beginn eines Bärenmarktes sein wird.“ Seine Worte werden die Schanghaier Händler beherzigen, die sich in der kommenden Woche wieder auf das Parkett der Börse begeben – obwohl ihnen noch immer ganz Übel vom Auf und Ab der Märkte ist. Sie fungieren nun nach dem Motto: Augen zu und durch! Wer zuerst die Nerven verliert, hat verloren.

Ning Wang

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