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Wirtschaft: Adtranz bekommt noch eine Galgenfrist

BERLIN (chi).Der zuletzt mit hohen Verlusten, dem geplanten drastischen Stellenabbau und den Pannen mit dem Neigetechnik-Regionalzug in die Schlagzeilen geratene Schienenfahrzeugkonzern Adtranz hat nach den Worten von Deutschland-Geschäftsführer Rolf Eckrodt "die Flucht nach vorne angetreten".

BERLIN (chi).Der zuletzt mit hohen Verlusten, dem geplanten drastischen Stellenabbau und den Pannen mit dem Neigetechnik-Regionalzug in die Schlagzeilen geratene Schienenfahrzeugkonzern Adtranz hat nach den Worten von Deutschland-Geschäftsführer Rolf Eckrodt "die Flucht nach vorne angetreten".Mit den Bemühungen, die Produktionsqualität zu verbessern und gleichzeitig die Kosten durch Restrukturierungsmaßnahmen in den Griff zu bekommen, sei man "auf gutem Weg", sagte Eckrodt, der nach der überraschenden Abberufung von Konzernchef Kaare Vagner Mitte Oktober auch die Konzernleitung übernommen hat, am Donnerstag auf der "Innotrans" in Berlin.Allerdings werden die Anstrengungen das Ergebnis deutlich belasten.Die Deutschland-Tochter des Konzerns werde 1998 erneut ein Defizit "in dreistelliger Millionenhöhe" einfahren, korrigierte er frühere Angaben.Das werde auch den Konzern insgesamt belasten, der 1997 vor allem wegen der Verluste der Deutschland-Tochter ein Minus von 380 Mill.DM bei einem Umsatz von 6,5 Mrd.DM präsentiert hatte.

"1999 wird das Schicksalsjahr", kündigte Eckrodt an.Zumindest der Konzern müsse bis dahin wieder in die Gewinnzone kommen.In den Chefetagen der Muttergesellschaften ABB und Daimler-Benz, die ihre Schienenfahrzeugbereiche 1994 zu Adtranz fusioniert hatten, habe man zwar akzeptiert, "daß die Probleme nicht so schnell zu lösen sind wie anfangs erwartet".Die Geduld sei aber nicht unendlich."Adtranz steht auf dem Prüfstand", so Eckrodt.Dennoch habe er "keine Veranlassung, an dem Engagement beider Muttergesellschaften zu zweifeln", sagte er zu den Gerüchten über einen möglichen Ausstieg von Daimler oder ABB.Welches Limit der deutschen Gesellschaft für die Trendwende gesetzt wurde, wollte Eckrodt nicht sagen.Durch den gerade erteilten Großauftrag der Deutschen Bahn für 400 Güterzug-Lokomotiven, der einen Umfang von zwei Mrd.DM hat, habe man ein Auftragsvolumen von immerhin neun Mrd.DM in den Büchern.Davon seien aber 75 bis 80 Prozent nicht kostendeckend, konzernweit seien es nur zehn bis 15 Prozent.An dem Restrukturierungsplan, der den Abbau von 1400 der 7400 Arbeitsplätze in Deutschland und die Schließung des Montagewerkes in Pankow bis Ende 1999 vorsieht, werde sich daher trotz der Engpässe im Engineering nichts ändern, betonte der Manager.Für Berlin arbeite man aber an "Ersatzlösungen".So liefen Gespräche mit Investoren über mögliche Ansiedlungen.

Ausdrücklich lobte Eckrodt die Kooperation des Gesamtbetriebsrates, der etwa der Sonnabend-Arbeit und einem Drei-Schichtmodell zugestimmt habe."Es ist ein Ruck durch das Unternehmen gegangen", sagte Eckrodt.

Mutig präsentierte der Konzern auf der Innotrans das Nachfolgemodell des Pannenzuges, den "Regio-Swinger" VT 612.Eckrodt räumte zugleich ein, daß die Überarbeitung des VT 611, der derzeit nur ohne Neigung und langsamer fahren darf, sich verzögere.Dies könnte auch die Inbetriebnahme der 154 bestellten VT 612, die für 1999 vorgesehen war, hinausschieben.Doch gebe es schon zahlreiche Anfragen aus dem Ausland.Gemeinsam mit der Bahn, dem Eisenbahnbundesamt und unter Einbeziehung von Experten aus dem Automobil- (Mercedes) und Flugzeugbau (Dasa) werde an einem Qualitätsmanagement gebastelt, für das jährlich 20 Mill.DM veranschlagt wurden."Wenn wir die Probleme lösen, haben wir gute Exportchancen", sagte Eckrodt.

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