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Wirtschaft: Ägyptens Zentralbank in Unruhe Wechsel an der Spitze illustriert schwierig Lage

Kairo - Spätabends und ganz schnell ging alles über die Bühne. Kaum hatte der bisherige Chef der ägyptischen Nationalbank, Farouq El-Oqda, seinen Rücktritt eingereicht, übergab Präsident Mohammed Mursi bereits Nachfolger Hisham Ramez die Ernennungsurkunde.

Kairo - Spätabends und ganz schnell ging alles über die Bühne. Kaum hatte der bisherige Chef der ägyptischen Nationalbank, Farouq El-Oqda, seinen Rücktritt eingereicht, übergab Präsident Mohammed Mursi bereits Nachfolger Hisham Ramez die Ernennungsurkunde. Wie ein Routinevorgang sollte dieser Wechsel aussehen. Und trotzdem ist der plötzliche Abgang des 2011 für den Nahen Osten zum „Zentralbanker des Jahres“ gekürten El-Oqda ein weiteres Indiz für die zunehmend brüchige ökonomische Lage am Nil. Seit drei Wochen geht es mit der ägyptischen Währung bergab. Ihr Wert ist inzwischen gegenüber dem Dollar auf einem Allzeit-Tief angekommen, was vor allem auf die Preise für importierte Grundnahrungsmittel durchschlägt.

Gleichzeitig treten die Kreditgespräche mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) auf der Stelle, nachdem Mursi kurz vor der entscheidenden IWF- Direktoriumssitzung die vereinbarten Steuererhöhungen in einer Nacht- und Nebelaktion wieder rückgängig machte – in erster Linie auf Druck der Muslimbruderschaft. Nun soll das unpopuläre Gesetzesvorhaben im Frühjahr kommen, nach der Wahl eines neuen Parlaments. Aber der IWF will noch mehr: Kairo soll auch die Subventionen für Benzin und Strom kürzen, was zu sozialen Unruhen führen könnte. Denn die meisten Bürger haben ihre Reserven aufgebraucht. Die Arbeitslosigkeit liegt offiziell bei gut zwölf Prozent, fast jeder zweite Ägypter lebt unterhalb der Armutsgrenze von zwei Dollar pro Tag.

Beim Währungsfonds wachsen die Zweifel, ob Ägyptens Führung überhaupt noch in der Lage ist, die ausgehandelten Bedingungen für den 4,4 Milliarden Dollar Kredit zu erfüllen. Ein Drittel seiner Staatsausgaben finanziert Ägypten inzwischen auf Pump – eine Ziffer, die sich nach Berechnungen des Planungsministeriums 2013 sogar auf 50 Prozent erhöhen könnte. In der größten Not sprang diese Woche erst einmal Qatar mit fünf Milliarden Dollar ein.

Auch der Tourismus als Devisenbringer kommt nicht auf die Beine. Hatte die Ferienbranche vor der Revolution noch 13 Milliarden Dollar im Jahr eingenommen, waren es 2012 8,8 Milliarden. Martin Gehlen

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