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Wirtschaft: Ärger um Hartz-Beratung

Anwaltsverein Berlin provoziert Beschwerde

Berlin – Hunderte von Arbeitslosen hat der Berliner Anwaltsverein (BAV) in den vergangenen zwölf Monaten unentgeltlich beraten, zahllose Hartz-IV-Bescheide haben die Anwälte des BAV für die Betroffenen geprüft, doch jetzt beschert die kostenlose Rechtsberatung dem Anwaltsverein selbst rechtlichen Ärger. Weil ihm die unentgeltlichen Hartz-IV-Beratungsaktionen ein Dorn im Auge sind, hat sich ein Berliner Anwalt bei der Rechtsanwaltskammer beschwert. Diese ist nun von Gesetzes wegen gehalten, die Vorwürfe zu prüfen.

Dennoch wird der Anwaltsverein auch an diesem Mittwoch wieder Arbeitslose gebührenfrei über ihre Rechte informieren. Schwerpunkt der Aktion ist die Frage, wann eine Wohnung noch als angemessen gilt und wann Hartz-IV-Empfänger umziehen müssen.

Im vergangenen Herbst hatte der BAV seine erste kostenlose Hartz-IV-Beratung durchgeführt – bundesweit einmalig. Zwei weitere Veranstaltungen folgten, an diesem Mittwoch geht der BAV in die vierte Runde. Der Bedarf ist groß: Pro Termin kommen gut 150 Empfänger von Arbeitslosengeld II, darunter viele, die sonst niemals zum Anwalt gehen würden. Für die Rat Suchenden zahlt sich die Information oft in barer Münze aus: „Knapp die Hälfte der Bescheide ist fehlerhaft“, sagt Ulrich Schellenberg, Vorsitzender des BAV.

Doch innerhalb der Anwaltschaft ist die Aktion nicht unumstritten. Zwar hatte die Berliner Rechtsanwaltskammer dem Anwaltsverein im Februar mitgeteilt, sie sehe keinen Anlass zu reagieren, so lange sich die Beratung von Hartz-IV-Empfängern im caritativen Rahmen bewege. Aber nicht jeder teilt diese Einschätzung.

Nach Meinung von Kritikern kollidiert die Aktion gleich mit mehreren Gesetzen. So sei es den Einzelanwälten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und der Bundesrechtsanwaltsordnung verboten, Rechtsberatungen zum Nulltarif anzubieten und durchzuführen. Und der Verein dürfe nach dem Rechtsberatungsgesetz nicht allgemein juristisch beraten, sondern dürfe nur seine Mitglieder – also die Anwälte – über berufsrechtliche Fragen informieren.

Schellenberg sieht das anders. Die unentgeltliche Beratung sei kein Problem, weil nicht der einzelne Anwalt, sondern der Anwaltsverein die Beratung anbiete und organisiere. Zudem fühlt sich der BAV auch durch neue Urteile des Bundesverfassungsgerichts bestätigt. Dieses hatte kürzlich einem Richter unentgeltliche Rechtsberatungen erlaubt. Und auch Wohlfahrtsverbände wie die Diakonie und die Arbeiterwohlfahrt dürfen inzwischen mit höchstrichterlicher Erlaubnis beraten, argumentiert der BAV-Vorsitzende, warum sollte das nicht auch für den Anwaltsverein gelten?

Sollte es rechtliche Schwierigkeiten geben, will der Anwaltsverein auf jeden Fall mit allen rechtlichen Mitteln dagegen vorgehen – vom Fach sind alle Beteiligten ja.

Der Berliner Anwaltsverein bietet an diesem Mittwoch von 10 bis 15 Uhr im Haus des Deutschen Anwaltsvereins, Littenstraße 11 in Berlin-Mitte wieder eine kostenlose Rechtsberatung zu Hartz- IV-Fragen an.

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