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Wirtschaft: Air Berlin fasst sich kurz

44 Minuten dauerte die erste Hauptversammlung der Fluggesellschaft. Sie fand in London statt – zum Ärger der Aktionärsschützer

London - Nach 44 Minuten war alles vorbei. Auf der ersten Hauptversammlung von Air Berlin nach dem Börsengang der Fluggesellschaft wurden gerade mal zwei Fragen gestellt. Wer die Premiere miterleben wollte, musste früh aufstehen. Denn trotz massiver Werbekampagne in Deutschland im vergangenen Jahr fand das Aktionärstreffen nicht in Berlin statt, sondern am Londoner Flughafen Stansted. So war es kaum verwunderlich, dass sich am Mittwoch um elf Uhr nur etwas mehr als 20 Aktionäre im Flughafenhotel Hilton einfanden. Denn die frühe Air-Berlin-Maschine aus Tegel nach Stansted startet bereits um 6.15 Uhr.

Dass dennoch wenig Kritik geäußert wurde, lag auch an den bereits vorgelegten Zahlen: 2006 konnte der Konzern 50 Millionen Euro Gewinn verbuchen – acht Millionen Euro mehr, als Analysten beim Börsengang im vorigen Mai erwartet hatten. Die Nummer drei der europäischen Billigflieger beförderte im vergangenen Jahr 20 Millionen Passagiere und setzte 1,575 Milliarden Euro um. Der Aktienkurs liegt derzeit rund 55 Prozent über dem Ausgabepreis. Eine Dividende zahlt das Unternehmen vorerst jedoch nicht.

„2006 war das erfolgreichste Jahr in der Geschichte von Air Berlin“, sagte Vorstandschef Joachim Hunold. Air Berlin wolle auch weiterhin stärker wachsen als der Markt. Die Integration der im August 2006 übernommenen dba sei im März erfolgreich abgeschlossen worden, die Mitarbeiterzahl damit um 719 auf mehr als 4000 angestiegen. „Die Synergien aus der Übernahme werden sich im Jahr 2007 voraussichtlich auf 31 Millionen Euro belaufen“, kündigte der Air-Berlin-Chef an. Die Eingliederung des Ende März eingekauften Konkurrenten LTU sei „ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung“ des Unternehmens. „Wenn die erforderliche Genehmigung des Kartellamtes vorliegt, können wir unseren Gästen innerdeutsche, europäische und interkontinentale Verbindungen aus einer Hand anbieten“, sagte Hunold. Die erwarteten Kosteneinsparungen von jährlich zwischen 70 und 100 Millionen Euro sollen dabei laut Hunold nicht mit einem Stellenabbau erzielt werden: Air Berlin habe den 2244 Mitarbeitern der LTU eine Bestandssicherung zugesagt. Mit der Übernahme kämen zu den derzeit 94 Flugzeugen der Air-Berlin-Flotte dann 26 weitere hinzu.

Die Privatanleger waren zufrieden mit der Entwicklung ihres Unternehmens: „Es ist beeindruckend, was da geschaffen wurde“, meinte ein Schweizer Geschäftsmann im Anschluss. Bruno Böhm aus Lübeck ergänzte: „Ich habe immer gewusst, das kann nur bergauf gehen.“

Die Aktienkursentwicklung und der Geschäftsverlauf seien zufriedenstellend, lobte auch Malte Diesselhorst von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz und sprach von einer „beeindruckenden Wachstumsstrategie“. Gleichzeitig äußerte er jedoch Kritik am Versammlungsort. Die Entscheidung, nach Stansted zu gehen, halte er für unglücklich, sagte Diesselhorst. Damit werde der Eindruck erweckt, „sich der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit entziehen“ zu wollen. Immerhin sei die Aktie „massiv“ an Privatbesitz in Deutschland verkauft worden. „Darauf sollten Sie Rücksicht nehmen“, appellierte Diesselhorst an die Konzernführung, die Hauptversammlung künftig in Berlin durchzuführen. Auch die Ausführungen zum Geschäftsverlauf hätte er sich ausführlicher gewünscht.

Dazu konnte Air Berlin jedoch nicht viel Neues sagen. Denn die nach der Lufthansa zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft steuert ihr Geschäft zwar von Berlin aus, firmiert aber als Kapitalgesellschaft britischen Rechts. Einer solchen PLC sei es untersagt, Informationen zu verkünden, die nicht vorher an der Börse veröffentlicht worden seien, sagte Aufsichtsratschef Johannes Zurnieden. Auch die Kritik am Tagungsort wies er zurück: „Wir wollten unterstreichen, dass Air Berlin eine europäische Gesellschaft ist.“ Immerhin seien 35 Prozent der Aktien in ausländischem Besitz. Da aber fast nur deutsche Anleger erschienen seien, habe man sich für Deutsch als Tagungssprache entschieden. Zudem habe es 25 Prozent Rabatt auf die Flugtickets gegeben.

Den Nachlass konnte allerdings nicht jeder nutzen: „Von Frankfurt aus konnte ich nur zum regulärem Preis buchen“, sagte Markus Weid. Er sei mit Ryanair angereist – und damit mit dem größten Wettbewerber von Air Berlin in Europa.

Juliane Schäuble

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