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Wirtschaft: Airbus stiehlt Boeing die Show

Auf der weltgrößten Luftfahrtmesse in Paris haben sich die Europäer bei Zivilflugzeugen gegen die US-Konkurrenz durchgesetzt

Der General aus Kamerun mit seiner leuchtend blauen Uniform will es selbst probieren: er setzt sich in den grünen Kampfhubschrauber der Europäer, den „Eurocopte Tiger Hap“. Der Fremdenlegionär, der den General begleitet, nickt ihm anerkennend zu. Der Hubschrauber mit den montierten Raketen gefällt der Delegation aus dem afrikanischen Land, die extra für die größte Luftfahrtschau der Welt nach Paris angereist ist.

Bei den Europäern herrschte reges Treiben zwischen den vielen auf dem Flughafengelände von Le Bourget zur Schau gestellten Hubschraubern und Kampfjets, die von der European Aeronautic Defence and Space Company (EADS) hergestellt werden. Fünfzig Meter weiter sind die Amerikaner platziert, allerdings reichlich bescheiden. Hier stehen von Boeing nur zwei Maschinen: der Apache-Hubschrauber und ein Düsenjet, beide „mit großem Erfolg bei der ’Operation Iraqi Freedom’ eingesetzt“, wie es auf dem Infoschild heißt.

In Le Bourget liefern sich die europäische und amerikanische Luftfahrtindustrie traditionell einen harten Wettbewerb. Doch in diesem Jahr war alles ein bisschen anders als sonst. Hochrangige amerikanische Militärrepräsentanten blieben zu Hause. Das Weiße Haus verordnete den US-Militärs, die Franzosen wegen ihres ungehorsamen Verhaltens während des Irak-Kriegs zu boykottieren. Der Boykott und die Krise der Luftfahrtindustrie ließen die Umsätze auf der Messe um 30 Prozent auf 32 Milliarden Dollar im Vergleich zum Jahr 2001 sinken.

Aber während die Amerikaner im Militärbereich sowieso weit vor den Europäern liegen und ihnen ihre dünne Präsenz in Le Bourget kaum weh tun wird, haben sie bei den Zivilflugzeugen ein Problem. Denn 2003 überholen die Europäer das erste Mal in ihrer Geschichte die Amerikaner. Der Flugzeugbauer Airbus, der zu 80 Prozent der EADS gehört, baut in diesem Jahr mit 300 Flugzeugen erstmals mehr Maschinen als der Erzrivale Boeing, der nur 280 Maschinen produziert. Ende der Neunzigerjahre hatte Boeing noch jährlich mehr als 600 Flugzeuge ausgeliefert, Airbus nur die Hälfte davon.

Genauso wie die Fluggesellschaften spüren die Hersteller die Krise, die von der allgemeinen Konjunkturschwäche, dem Irak- Krieg und Sars ausgelöst wurde. Weil weniger Menschen ins Flugzeug steigen, kaufen die Fluggesellschaften auch weniger neue Maschinen. EADS-Chef Rainer Hertrich versprühte in Le Bourget dennoch Optimismus – er sei zuversichtlich, dass schon ab 2004 der Flugverkehr wieder zunehmen werde. Davon soll auch Airbus profitieren: „In den nächsten zehn Jahren werden wir dauerhaft 55 bis 60 Prozent des Marktanteils bei Zivilflugzeugen haben“, sagt Hertrich. Airbus verkündete in Le Bourget mehere Großaufträge: Erst kauften Emirates Airlines 41 Flugzeuge, dann schlug Korean Air mit acht Maschinen zu und am Donnerstag erwarben auch Qatar Airways 32 Airbus-Maschinen.

Seinen Optimismus für Airbus begründet Hertrich mit dem neuen Flugzeug A380, das 2006 zum ersten Mal fliegen soll. Der Doppeldecker ist ein Langstreckenflugzeug mit 550 Sitzen. Drei Jahre vor der Erstauslieferung des A380 könne man schon Break Even melden, wenn man zu den 129 Bestellungen rund 70 Optionen hinzuzähle. „Der Markt dafür ist fantastisch“, schwärmt Hertrich.

Bei Boeing zeigt man sich nüchterner. Boeing-Chef Phil Condit kam gar nicht erst nach Paris – Insider glauben, weil Airbus ihm die Show gestohlen hätte. Auch Boeing konnte ein paar Aufträge verkünden, es sah aber viel magerer aus. Während Airbus jetzt 1500 Bestellungen in den Büchern stehen hat, sind es bei Boeing weniger als 1000. Aber die Amerikaner geben sich nicht geschlagen. „Wir setzen auf den Dreamliner“, sagt Boeing-Sprecher Jean-Marc Fron. Das neue, „7E7“ genannte Flugzeug ist für nur 200 bis 250 Passagiere gebaut. „Seit der Krise hat die Nachfrage für kleinere Flugzeuge enorm zugenommen – das ist der Markt der Zukunft, und nicht die A 380 mit 550 Sitzen", kontert Fron. 2008 soll das neue Flugzeug in Betrieb genommen werden.

Unterdessen wehren sich die Europäer auch gegen die Vormachtstellung der Amerikaner beim Militärischen. Auf diesen Bereich will die EADS-Spitze den Konzern langfristig stärker ausrichten und so unabhängiger vom unsicheren Zivilluftfahrtgeschäft werden. Momentan macht der Zivilbereich noch 80 Prozent des EADS-Umsatzes aus – doch das soll sich ändern. Mit dem A 400M-Militärtransporter beginnt EADS den Kampf gegen das amerikanische Monopol auch hier.

Flora Wisdorff[Paris]

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