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Auf der ILA zu sehen ist auch diesen Modell eines neuen Airbus A350. Er gilt als deutlich sparsamer als andere Passagierflieger für die Mittel- und Langstrecke.

© Bernd Settnik/dpa

Ungewöhnliche Kooperation: Airbus und die Grünen denken über Zukunft des Fliegens nach

Die Luftfahrtindustrie steht seit jeher im Fokus der Kritik von Grünen und Umweltschützern. Auf der Messe ILA sprachen beide Seiten miteinander - mit überraschenden Erkenntnissen.

Lärm, Flächenverbrauch und - bezogen auf den einzelnen Passagier - hoher Spritverbrauch und damit verbundene Emissionen. Das sind die altbekannten Kritikpunkte von Umweltschützern an die Luftfahrtindustrie. Zugleich fliegen mehr Anhänger der Grünen als Sympathisanten aller anderen Parteien, fand die Industrie heraus. Diesen verblüffenden Befund stellten die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung und der Luft- und Raumfahrtkonzern am Mittwoch auf der Fachmesse ILA in Schönefeld vor den Toren Berlins vor. Dass sich beide Organisationen, vertreten durch ihre Chefs Ralf Fücks und Thomas Enders, gemeinsam auf der Messe präsentierten, hatte zumindest im grünen Milieu einige Kritik hervorgerufen.

Böll-Vorstand Ralf Fücks verteidigte die Aktion. Natürlich gebe es unsinnige Flüge, die man durch Bahnfahrten oder Videokonferenzen ersetzen könne. "Aber das dämpft allenfalls die Entwicklung, hält sie jedoch nicht auf." In den nächsten 20 Jahren erwarten Experten eine Verdopplung des Flugverkehrs, maßgeblich angetrieben durch die Entwicklung in Asien. Daher gelte es, den Luftverkehr umweltfreundlich zu machen, betonten Fücks und Enders - und benannten damit auch einen Schwerpunkt der ILA, zumindest im zivilen Sektor.

Die Exponate reichten von den ausgestellten A320neo und A350-Modellen, die laut Enders 20 Prozent weniger Sprit verbrauchen als vergleichbare Flieger, über Forschungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt zu Biosprit für Flugzeuge bis zu Elektroantrieben an Kleinflugzeugen und Brennstoffzellentechnik für Stromverbraucher in der Kabine. "Ökologie und Ökonomie gehen Hand in Hand, das ist in der Branche schon lange bekannt", sagte Enders. Wer Sprit spart, spart Geld - wohl wissend, dass der Ölpreis nicht für immer so niedrig bleiben werde wie derzeit. Dennoch werden die sparsamen Modelle das steigende Flugaufkommen nicht kompensieren. Deshalb haben sich im vergangenen Jahr führende Vertreter der Böll-Stiftung, der Grünen und von Airbus mehrmals getroffen und diskutiert, wie die Fliegerei grüner werden kann.

Airbus-Chef Tom Enders während der Pressekonferenz mit der Heinrich-Böll-Stiftung.

© AFP/Tobias Schwarz

Es muss wohl mitunter recht derb zugegangen sein, lassen die Andeutungen von Fücks und Enders erahnen. Aber man habe sich auf einige Punkte geeinigt. Zum Beispiel die Forderung, endlich einen einheitlichen europäischen Luftraum zu schaffen. Damit ließen sich Flugrouten optimieren, was zehn Prozent Kerosinersparnis brächte. Weiterhin sollen große Technologiesprünge nach Kräften unterstützt werden. Dazu gehören alternative Treibstoffe oder elektrische beziehungsweise Hybrid-Antriebe. Bei Zweisitzern funktioniert das bereits, bis 2030 will Airbus einen Regionaljet mit 100 Plätzen zur Serienreife bringen. Dazu wurde eine Kooperation mit Siemens gestartet, beide Partner werden in den nächsten fünf Jahren einen dreistelligen Millionenbetrag investieren, kündigte der Airbus-Chef an.

Über die langfristigen Ziele waren sich Fücks und Enders jedoch uneins. Bis 2050 solle der Flugverkehr ohne Treibhausgase auskommen, forderte der Böll-Chef. Der Airbus-Mann bleibt bei der Verpflichtung der Industrie: Bis 2050 soll der CO2-Ausstoß um 75 Prozent gegenüber 2005 sinken. Auch das Wie blieb strittig. Fücks hält nichts von Selbstverpflichtungen und will auf politischem Weg klare Vorgaben machen, wie das Ziel zu erreichen sei. Was Enders natürlich zurückwies - und einmal mehr betonte, dass nationale oder europäische Alleingänge kontraproduktiv seien. Es sollten gleiche Regeln für alle gelten, also eine globale Einigung erzielt werden. „Die Luftfahrt war schon immer internationaler als viele andere Branchen“, sagte er. „Ich glaube, dass das gelingen kann.“

Weitere Themen auf der ILA 2016 sind unbemannte Fluggeräte, Militärflugzeuge und die Debatte um den Airbus A400M. Eine Besonderheit ist der Nachbau eines Gleiters von Flugpionier Otto Lilienthal und Spekulationen um seinen Tod.
 

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