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Wirtschaft: Aktien: Die Geduld der Anleger geht zu Ende

Privaten Anlegern klingen in diesen Tagen die Worte von Portfolio-Strategen wie Hohn in den Ohren: Demnach schlägt langfristig die Aktie jede andere Anlageklasse. Tatsache ist aber auch, dass Investoren immer bessere Nerven brauchen, wenn sie in Aktien investieren.

Privaten Anlegern klingen in diesen Tagen die Worte von Portfolio-Strategen wie Hohn in den Ohren: Demnach schlägt langfristig die Aktie jede andere Anlageklasse. Tatsache ist aber auch, dass Investoren immer bessere Nerven brauchen, wenn sie in Aktien investieren. Denn im historischen Vergleich haben die Preisschwankungen stetig zugenommen.

"Eine eindeutige Ursache für zunehmende Preisschwankungen ist schwer auszumachen", sagt Andreas Kuschmann, Investment-Stratege von der Fondsgesellschaft Fidelity. Schnellere Informationsverarbeitung, ein höherer Anteil an schwankungsanfälligen Technologiewerten und die abnehmende Geduld der Anleger sind die Gründe aus Sicht von Gerald Kichler von der Kölner Vermögensverwaltung Flossbach & von Storch. Um auch in stürmischen Zeiten mit Aktien Gewinn zu machen, rät er: "Breit streuen, Geduld mitbringen und nie mehr Geld investieren, als man verkraften kann."

Das Phänomen der Preisschwankungen hat Fidelity-Stratege Kuschmann auch in den USA beobachtet: "Das Jahr 2000 war das Jahr mit den stärksten Ausschlägen seit 1979." An 40 Prozent aller Handelstage wich im vergangenen Jahr der Schlussstand vom S&P-500-Index um mehr als ein Prozent von seinem Vortageswert ab. An 14,7 Prozent der Handelstage wich der Schlussstand sogar mehr als zwei Prozent ab.

Das Phänomen ist historisch gesehen aber nicht neu: "Schon im ausgehenden 19. Jahrhundert ist in den letzten Jahren die Volatilität auf Grund zunehmender Verunsicherung gestiegen", erklärt Ferdinand Mager, wissenschaftlicher Mitarbeiter für Bank- und Börsenwesen an der Universität Erlangen-Nürnberg. Ein Grund, den Experten als Ursache für die aktuelle Zunahme der Preisschwankungen ausmachen, ist unter anderem die schnellere Informationsverarbeitung. "Als Napoleon bei Waterloo geschlagen wurde, hatte Baron Rothschild noch einen Zeitvorsprung von Tagen, weil ihm diese Info per eigenem Schnellsegler zugestellt wurde", erzählt Portfolio-Manager Kirchler. In Zeiten des Internets erreicht die Nachricht Anleger in Sekunden, wenn Cisco eine Gewinnwarnung ausspricht.

Eine weitere Ursache für die zunehmenden Kursschwankungen sieht Kuschmann in dem gestiegenen Anteil von Technologieunternehmen am gesamten Aktienmarkt. So ist der Anteil von Tech- und Telekomaktien am MSCI World-Index von knapp elf Prozent im Jahr 1990 auf 24 Prozent in 2000 gestiegen. "Bei diesen Unternehmen resultiert ein großer Teil der Marktbewertung aus auf den heutigen Tag heruntergerechneten Wachstumsprognosen. Ändert sich ein Einfluss-Parameter dieser Prognose, hat das Auswirkungen auf die Aktienbewertung." Dieses Phänomen können Anleger in voller Pracht seit gut einem Jahr bestaunen. Seit diesem Zeitraum passen die Börsen die Bewertung der Tech-Titel den sich eintrübenden Wachstumsaussichten an.

Das Problem hierbei: Die Erwartungsbildung gerade bei den Investmentprofis, den institutionellen Anlegern, wird immer gleichförmiger. "Da immer größere Aktienpakete von institutionellen Anlegern gehalten werden, werden die Kursausschläge auch größer, wenn sich die Erwartungshaltung der Profi-Anleger ändert", erklärt Kuschmann. "Private Investoren erzielen eine umso geringere Rendite, je häufiger sie ihr Depot umschichten", sagt Franz-Josef Leven, Volkswirt beim Deutschen Aktieninstitut (DAI). Um das zu belegen, zitiert er eine Studie aus den USA, bei der der Anlageerfolg von 66 000 Depots privater Investoren über fünf Jahre analysiert wurde. Ergebnis: "Die 20 Prozent der Anleger, die am wenigsten umgeschichtet haben, haben im Schnitt eine Rendite nach Transaktionskosten von 17 Prozent pro Jahr erzielt."

ali

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