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Wirtschaft: Aktionäre fordern mehr Transparenz

Bekanntgabe politischer Mandatsträger „sollte Schule machen“/Unternehmen und Verbände sehen sich nicht in der Pflicht

Berlin - Aktionärsvertreter haben am Donnerstag die Wirtschaft aufgefordert, dem Beispiel von Volkswagen zu folgen und die Namen von politischen Mandatsträgern in ihren Diensten zu veröffentlichen. Bei Unternehmen und Verbänden stieß die Forderung dagegen auf Ablehnung. Die Veröffentlichung sei entweder unnötig oder nicht sinnvoll.

„Transparenz ist jetzt das höchste Gebot“, sagte Klaus Schneider, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), dem Tagesspiegel. Das Beispiel VW „sollte Schule machen“. Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, kündigte an, auf den Hauptversammlungen dieses Jahres müssten sich die Unternehmen viele Fragen zum Thema gefallen lassen. „Die Aktionäre erwarten, dass ihnen auf Anfrage Informationen gegeben werden“, sagte Hocker. Die Unternehmen sollten aber nicht verpflichtet werden, entsprechende Mitarbeiterlisten zu veröffentlichen. Die Bringschuld liege bei der Politik. Dieser Meinung ist auch SdK-Vorsitzender Schneider: „Der Gesetzgeber sollte darüber nachdenken, ob die Regelungen zur Veröffentlichung von Nebentätigkeiten nicht erweitert werden sollten.“

Nach den Vorstellungen von Christian Strenger, Mitglied der Regierungskommission Corporate Governance Kodex, sollten die Abgeordneten des Bundestages nicht nur lückenlos mitteilen müssen, bei welchen Unternehmen sie beschäftigt sind: „Es wäre ordnungspolitisch wünschenswert, wenn der Bundestagspräsident auch über die Höhe der Gehälter der Abgeordneten informieren müsste“, sagte Strenger. Dies ist bisher gesetzlich nicht vorgesehen. Bundestagsabgeordnete müssen dem Präsidenten zwar anzeigen, wenn sie Einkünfte haben, die monatlich 3000 Euro und im Jahr 18000 Euro übersteigen. Über die individuelle Höhe der Nebenbezüge darf Wolfgang Thierse aber keine Auskunft geben. Umfassende Transparenz gehöre zu den „Sorgfaltspflichten der Politik“, sagte Christian Strenger. Hier müssten „die Gesetze entsprechend geändert werden“. Die Unternehmen sollte man hingegen nach Strengers Ansicht nicht zur Veröffentlichung zwingen. Auch der freiwillige Corporate Governance Kodex, der Aktiengesellschaften zur individuellen Offenlegung der Vorstands- und Aufsichtsratsbezüge auffordert, sollte nicht erweitert werden. „Der Kodex kann hier wenig bewirken – es wäre eine gute Sache, wenn die Unternehmen von sich aus informieren würden.“

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) wollten keine Empfehlung geben. „Die Gesetze reichen aus, die Abgeordneten müssen sie nur einhalten“, sagte ein BDI-Sprecher. Es liege im Verantwortungsbereich der Unternehmen, ob sie entsprechende Informationen veröffentlichten, hieß es bei der BDA. Auch eine Antwort auf die Frage, ob es Richtlinien für die Behandlung von politischen Mandatsträgern geben sollte, müsse von den Unternehmen gegeben werden.

Viele Vorstände sehen sich hier allerdings nicht in der Pflicht. So hieß es etwa bei der Dresdner Bank, die wegen der Beschäftigung und finanziellen Unterstützung der CDU-Politikerin Hildegard Müller in die Schlagzeilen geraten ist, man habe nichts mehr zu verbergen und müsse deshalb auch nichts mehr veröffentlichen. „Die Frage, welche Mandatsträger auf unserer Gehaltsliste stehen, ist geklärt“, sagte ein Sprecher. Die zur Allianz-Gruppe gehörende Bank beschäftigt neben Müller die CDU-Landtagsabgeordneten Peter Lehnert (Schleswig-Holstein) und Lars Rohwer (Sachsen) sowie Michael Schneider (CDU), der Staatssekretär im thüringischen Finanzministerium ist. Alle drei sind nach Angaben der Bank aber ohne Gehalt beurlaubt worden.

Die Deutsche Post hält eine Veröffentlichung aller Mandatsträger für „nicht sinnvoll“, wie ein Sprecher sagte. Neben der nordrhein-westfälischen Landtagsabgeordneten Andrea Milz (CDU), deren Arbeitsvertrag seit Juni 2000 ohne Gehaltszahlung ruhe, beschäftige die Post keine EU-Parlaments-, Bundestags- oder Landtagsabgeordneten. Die Deutsche Telekom versicherte, sie beschäftige keine Abgeordneten des EU-Parlaments oder des Bundestages. Ob es Mandatsträger in Landtagen gebe, sei noch nicht geklärt.

Der Pharmakonzern Schering teilte auf Anfrage mit, es seien keine Fälle bekannt, „in denen Mitarbeiter unseres Unternehmens politischen Mandaten in wesentlichem Umfang nachgehen“. mit pet, vis

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