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Wirtschaft: Allianz AG: Kommentar: Die Deutschland AG wird umgebaut

Es ist ein Einschnitt in der deutschen Finanzgeschichte: Die Allianz ist zur freundlichen Übernahme der Dresdner Bank entschlossen. Ob der Deal glückt, ist alles andere als sicher.

Es ist ein Einschnitt in der deutschen Finanzgeschichte: Die Allianz ist zur freundlichen Übernahme der Dresdner Bank entschlossen. Ob der Deal glückt, ist alles andere als sicher. Aber die Akteure meinen es ernst. Nach vielen gescheiterten Fusionsbemühungen im vergangenen Jahr präsentieren die Münchner Versicherung und die Frankfurter Bank nun ein ganz anderes Konzept. Mit der Strategie der sogenannten Allfinanz verspricht der Konzern, die Vermögen seiner Kunden in einer Hand zu verwalten und - hoffentlich - zu mehren.

Ganz neu ist das Allfinanzkonzept freilich nicht. Anfang der 90er Jahre war so etwas in Deutschland schon einmal Mode, ohne sich durchzusetzen. Die Angelsachsen sprechen von Bancassurance, berichten freilich von ziemlich gemischten Erfahrungen. Als richtig positives Vorzeigebeispiel präsentiert sich nur die amerikanische City-Group. Vieles spricht dafür, dass der neuen Allianz mit dem Allfinanzkonzept heute aber Erfolg zuteil werden könnte. Die Menschen wissen, dass sie für ihre Alter privat vorsorgen müssen. Die Aktienkultur in Deutschland wird wachsen, allen Krisen der alten und neuen Märkte zum Trotz. Als Anlagestrategie empfiehlt es sich, das Vermögen zwischen unterschiedlichen Finanzprodukten - Versicherungen, Aktien, Anleihen - zu streuen. Dabei setzt die neue Dresdner-Allianz darauf, ihren Kunden bald den ganzen Korb dieser Produkte schmackhaft machen zu können. Zugleich hofft sie auf Synergieeffekte im Vertrieb. Ohnehin können seit längeren schon Allianzprodukte auch am Bankschalter eingekauft werden; dann kann man auf eine eigene Versicherungsvertretung am Ort auch gleich verzichten.

Hinter dieser Branchenveränderung zeigen sich aber zugleich erste Umrisse eines Umbaus der Deutschland AG. Es vollzieht sich eine Entflechung der wechselseitigen Berteiligungen von Banken und Versicherungen zwischen Allianz, Münchner Rück, Dresdner und Hypo-Vereinsbank. Das konnte nicht gut gehen und gilt zu Recht als wichtiger Grund, warum internationale Anleger trotz US-Konjunkturkrise lieber in Amerika als in Deutschland investieren. Eine Verflechtung der Beteiligungsverhältnisse - wie in Deutschland üblich - führt zu einer Verwischung von Verantwortlichkeiten und sich widersprechenden Rollen. Banken und Versicherungen sind einander Kunden, Wettbewerber und Miteigentümer. Das dämpft die Chancen auf Erfolg und Rendite. Dass die Entflechtung jetzt steuerlich attraktiv wird, und bald ihre Forsetzung bei den Industriebeteiligungen der Banken finden wird, ist Hans Eichels Reform zu danken.

So nachvollziehbar die Logik des Fusionskonzeptes ist, so bleiben doch eine Reihe sperriger Teile übrig: Wenn Vermögensverwaltung und Privatkundengeschäft zu Kernkompetenzen definiert werden - was wird dann aus Firmenkundengeschäft und Investment Banking? Deren Platz in der neuen Architektur erschließt sich bislang nicht wirklich. Die Fusion zwischen Deutscher und Dresdner Bank ist am Streit um das Investment Banking gescheitert. Die Allianz wird es sich nicht leisten wollen, nach diesem Trauma in die Wiederholungsfalle zu tappen.

Rainer Hank

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