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Wirtschaft: Alte Freunde

Wettbewerb ist nicht Krieg: Eine banale Erkenntnis, doch in der Stromwirtschaft hat sie sich noch nicht durchgesetzt.Als der deutsche Energiemarkt im April letzten Jahres liberalisiert wurde, hat es kein Stromkonzern gewagt, in den Gebieten anderer Konzerne Kunden zu werben.

Wettbewerb ist nicht Krieg: Eine banale Erkenntnis, doch in der Stromwirtschaft hat sie sich noch nicht durchgesetzt.Als der deutsche Energiemarkt im April letzten Jahres liberalisiert wurde, hat es kein Stromkonzern gewagt, in den Gebieten anderer Konzerne Kunden zu werben.In der Diskussion tauchten Begriffe auf, die kein betriebswirtschaftliches Lehrbuch kennt: "Rache" und "Vergeltung" fürchteten die Strom-Bosse, wenn sie es wagen sollten, die Grenzen des eigenen Versorgungsgebietes zu überschreiten.Der Nichtangriffspakt der Monopolisten wirkte in Form eines Gentlement-Agreements noch lange nach.Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

Auch der Chef des Berliner Energieversorger Bewag wollte nach eigenem Bekunden "nicht den ersten Stein werfen".Statt Wettbewerb nüchtern als legitimes Mittel zu betrachten und in das betriebswirtschaftliche Kalkül einzubeziehen, dachte man erstmal weiter emotional in Freund- und Feind-Kategorien.Erst die Energie Baden-Württemberg brach das Eis und begann, ungehemmt in fremden Kundenkarteien zu wildern.Es ist bezeichnend für den Zustand der Branche, daß ausgerechnet ein Staatskonzern den privaten Stromriesen zeigte, was Wettbewerb heißt.Die Energie Baden-Württemberg avancierte zum Buhmann der Branche nur, weil sie die Möglichkeiten des freien Marktes konsequent nutzte.Inzwischen folgen andere Konzerne dem Beispiel der Karlsruher.Doch die Emotionalität ist geblieben.Auch die Weigerung der Bewag, sich an der Ausschreibung des Berliner Energiebrokers Ampere für sechzig Berliner Industriekunden zu beteiligen, trägt keine rationalen Züge: Lieber verzichtet man auf einen Millionen-Umsatz, als sich mit den Stromrebellen gemein zu machen.

DANIEL WETZEL

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