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The Show must go on. Der US-Präsident verkündete im Repräsentantenhaus, wie er die Wirtschaft ankurbeln will. Foto: Reuters

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Wirtschaft: Amerika hat einen Plan

Barack Obama will die Konjunktur mit 450 Milliarden Dollar stützen. Opposition und Börse sind skeptisch

Pomp und Politik. In Washington gehört das untrennbar zusammen. Zunächst eifriges Gewimmel im Saal, Einzug des Kabinetts. Dann heißt es: „Ladies and Gentlemen: The President of the United States.“ Alle erheben sich ehrfürchtig, Barack Obama naht. Großes Händeschütteln mit denen, die sich schon Stunden vor der Rede eingefunden und die besten Plätze gesichert haben: direkt am Mittelgang, durch den Obama schreitet, im Sichtfeld der Fernsehkameras. Die Show im Kapitol ist so beeindruckend wie durchschaubar und verlogen. Der Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner, kündigt „mit großer Freude und Ehre“ den Präsidenten an, den er natürlich gar nicht leiden kann.

Zwar haben im Vorfeld sowohl Boehner als auch Fraktionschef Eric Cantor ein gewisses Maß an Zusammenarbeit zugesagt, um die Konjunktur und den Arbeitsmarkt auf Trab zu bringen. Doch was am Ende herauskommt, muss sich erst noch zeigen. Die Summe von knapp 450 Milliarden Dollar, die Obama mobilisieren will, wird es jedenfalls sicher nicht sein. Ohnehin bleibt die Finanzierung nebulös – neue Schulden sollen nicht gemacht werden.

Abgesehen von der sich ungewöhnlich kooperativ gebenden Führung der Partei sitzen die Republikaner mit versteinerten Minen im Saal. Sofern sie überhaupt gekommen sind. Einige haben schon im Vorfeld patzig angekündigt, dass sie die Rede nicht interessiere. Jim De Mint, ein Liebling der Tea Party, war frustriert, dass er nicht vor der Rede eine schriftliche Vorlage bekam, und Paul Broun aus Georgia stellte sich lieber online Fragen aus seinem Wahlkreis. David Vitter, Abgeordneter aus Louisiana, wollte den Auftakt der Football-Saison nicht verpassen.

Obama lässt sich nicht beirren. „Die Frage ist, ob wir angesichts der anhaltenden nationalen Krise den politischen Zirkus beenden und tatsächlich etwas für die Wirtschaft tun können“, sagt er. Doch den Republikanern können viele Punkte des Pakets nicht gefallen. Zwar enthält es Steuersenkungen, aber vor allem auf Arbeitnehmerseite. Die sollen künftig weniger in die Sozialversicherung einzahlen, was der Durchschnittsfamilie jährlich 1500 Dollar brächte. Wenn vor allem die unteren und mittleren Einkommensklassen mehr Geld haben, dann geben sie mehr Geld aus und die Wirtschaft des Landes wird stimuliert – so die Logik. Dazu kommen Investitionen in die Infrastruktur, vor allem Baumaßnahmen.

Obama hat mit Rücksicht auf seine politischen Kontrahenten aber auch Steuersenkungen für die Unternehmen in seinen Plan eingebaut, die sich auf 65 Milliarden Dollar belaufen sollen. „Für mich ist das Verschwendung“, sagt Dean Baker, Direktor des Center for Economic and Policy Research. „Damit geben wir Unternehmen Geld, die damit nichts tun was sie nicht ohnehin getan hätten.“ Tatsächlich sind die meisten Volkswirte überzeugt, dass US-Unternehmen nicht wegen zu hoher Steuern keine neuen Arbeitsplätze schaffen, sondern eher, weil sie für ihre Waren und Dienstleistungen zu wenige Abnehmer finden.

Trotz der Ovationen im Kongress, trotz des Pomps während der Rede zeichnet sich also bereits ab, dass von Obamas Konjunkturpaket nur wenig beschlossen werden wird. Die Republikaner haben auch allen Grund, es zu sabotieren. Dass im Wahljahr 2012 die Wirtschaft wieder vorankommt, ist das letzte, was sie wollen können. Und Volkswirte trauen Obamas Initiative immerhin zu, eine Million Jobs zu bringen. Die Arbeitslosenrate könnte demnach von derzeit 9,1 Prozent um einen halben Prozentpunkt sinken, das Wachstum der Wirtschaft ein bis drei Prozentpunkte zulegen. Wichtiger, als dem Land aus einer historischen Krise am Arbeitsmarkt zu helfen, ist den Republikanern, Obama zu stürzen.

Wie bei der Opposition stoßen Obamas Vorschläge auch an der Börse auf Skepsis. Weder an der Wall Street noch zuvor an den Finanzmärkten in Asien und in Europa sorgt der Vorschlag für steigende Kurse. „Die Rede war positiv. Aber die Frage bleibt, wie viel kann er davon durch den Kongress bringen, und wer soll das bezahlen“, sagt Scott Brown, Chefvolkswirt des Finanzdienstleisters Raymond James.

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